THEATER

TheaterEsther Slevogt betrachtet dasTreiben auf Berlins Bühnen

Der Ruf „Nach Moskau!“,in den die drei Schwestern Irina, Mascha und Olga in der russischen Provinz ihre ganze Sehnsucht nach dem Leben legen, ist längst sprichwörtlich geworden. Auch wenn er in Zeiten wie diesen vielleicht wieder anders gehört werden kann. Wo sich Menschen von den Orten, wo sie leben, nicht nur fortsehnen, sondern diese Orte wirklich und massenhaft verlassen, weil sie unbewohnbar geworden sind. Die drei Schwestern verlassen die behagliche Ödnis ihres Provinznestes nie. Das ist ihre Tragik. Aber vielleicht auch ihr heimliches Glück, das sie bloß nicht erkennen können. Diesen drei Schwestern kann man nun im Berliner Ensemble wieder begegnen, wo der Regisseur Leander Haußmann das berühmte Stück von Anton Tschechow neu in Szene setzt. Die Bühne hat Lothar Holler entworfen, der schon für das Szenenbild von Haußmanns erfolgreichem Film „Sonnenallee“ verantwortlich war: auch so eine Geschichte von Lebens(sehn)süchtigen (Berliner Ensemble: „Drei Schwestern“, Premiere 17. 12., 19.30 Uhr).

Das lothringische Bauernmädchen Johanna, besser bekannt als Jeanne d’Arc, wurde im Alter von 19 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das war vor fast 600 Jahren. Trotzdem ist dieses fanatische Mädchen, das sich entscheidend in einen hundertjährigen Krieg eingemischt hat. Eine Figur der Stunde: war Johanna doch Europas berühmteste heilige Kriegerin. Die katholische Kirche, die in ihr erst eine Ketzerin sah und ihren Tod erwirkte, hat sie später heilig gesprochen. Der französische Regisseur Mikaël Serre hat sich nun dieser Johanna am Maxim Gorki Theater angenommen, wo er auf der Basis von Friedrich Schillers Tragödie „Die Jungfrau von Orleans“ eine zeitgenössische Variation der Geschichte entwickelt hat: Reflexion über Nation, religiösen Fanatismus und den Mythos von Jeanne d’Arc, die über die Jahrhunderte hinweg zur Patronin der Revolutionäre wie der Reaktionäre und Nationalisten werden konnte. „Je suis Jeanne d’Arc“ ist der Abend überschrieben (Maxim Gorki Theater: „Je suis Jeanne d’Arc“, Premiere 17. 12., 19.30 Uhr).

Und aus dem Mittelalter, in dem wir ja inzwischen auch wieder gelandet sind, noch einmal zurück in das 20. Jahrhundert mit seinen fein ziselierten wie abgründig fühlenden und handelnden Bürgerseelen: denn so ein Stoff steht ab sofort auf dem Spielplan der Schaubühne. Dort gibt der britische Regisseur Simon McBurney sein Berliner Debüt mit einer Bearbeitung von Stefan Zweigs tragischem Roman über die Empathiefähigkeit des Menschen „Die Ungeduld des Herzens“,1939 zuerst erschienen (Schaubühne: „Die Ungeduld des Herzen“, Premiere 19. 12., 20Uhr).