Hauptsache, es kommen weniger

Deutschland Beim Besuch des CDU-Parteitags betont CSU-Chef Horst Seehofer die Gemeinsamkeiten in der Flüchtlingsfrage

KARLSRUHE taz | Am Eingang des Saals geht Angela Merkel auf Horst Seehofer zu. Sie geleitet ihn zur Bühne, lächelt etwas breiter, er schmaler. „Liebe Angela“, beginnt Seehofer seine Rede vor den Delegierten des CDU-Parteitags in Karlsruhe, „danke. Für meine Verhältnisse ist das ein sehr freundlicher Empfang.“ Die rund 1.000 Delegierten im Saal lachen.

Gut drei Wochen zuvor hatte der CSU-Vorsitzende Angela Merkel rüde abgekanzlert. Beim CSU-Parteitag in München ließ Horst Seehofer die CDU-Chefin minutenlang neben sich auf offener Bühne stehen, um seine eigene Haltung zur Flüchtlingsthematik zu referieren. Mit einer Mischung aus Brutalität („damit das klar ist“) und Anbiederung („das weißt du auch, liebe Angela“) führte er den Gast vor. Seehofers Botschaft: „Wir sind der festen Überzeugung, dass die Zustimmung der Bevölkerung nicht auf Dauer zu haben ist, wenn wir nicht zu einer Obergrenze der Zuwanderung kommen.“

In Karlsruhe versuchte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende nun im Gegenteil, die Gemeinsamkeiten der Schwesterparteien zu betonen. Natürlich halte auch die CSU von Abschottung „gar nichts“, sagt Seehofer. Im Gegenteil: Er erinnert an die vielen Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten über Bayern nach Deutschland kamen. Seehofer nennt das „praktische Mitmenschlichkeit“, sieht sie auch bei der CDU. „Übereinstimmung, abgehakt.“

Er wählt eine rabiatere Rhetorik als Merkel am Vortag, spricht von einer großen Flüchtlingswelle und davon, dass sie gestoppt werden müsse. „Deshalb, liebe Angela, bin ich sehr froh, dass ihr noch mal diese Botschaft aufgenommen habt.“ Denn auch die CDU hatte sich auf ihrem Parteitag darauf geeinigt, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu reduzieren. Andernfalls würde die Gesellschaft „überfordert“, heißt es im Leitantrag.

Merkel setzt dafür auf die ­Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten und hatte ihre Partei um Geduld gebeten. Denn die Verhandlungen ge­stalteten sich schwierig, Staaten wie ­Ungarn oder Polen blockieren die Idee einer gleichmäßigen Verteilung von Asylbewerbern.

Seehofer drängt hingegen auf Eile bei der Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Er spricht von „Wochen und Monaten“ und dem kommenden Jahr. Auch bei der Begrifflichkeit rückt er von Merkel ab: „Wir favorisieren Begrenzung.“ Er will es noch einmal gesagt haben.

Genug des Angriffs, zurück auf Versöhnungskurs. Horst Seehofer stellt die Zusammenarbeit der Unionsparteien nicht infrage. „Danke für sehr, sehr gute zehn Jahre“, sagt er deshalb an Angela Merkel gerichtet. Dann dankt er der Bundestagsfraktion, den Unions-Ministern, Fraktionschef Volker Kauder und anderen. Er winkt die drei Spitzenkandidaten der Landtagswahlen und Merkel zu sich, die zögern und kommen dann doch. Ein Fotomoment. In der Mitte steht, natürlich, Horst Seehofer. Christina Schmidt

Anja Maier