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Kolumne Der rote FadenTrump, der böseste aller Zauberer

Rieke Havertz
Kolumne
von Rieke Havertz

„Er, dessen Name nicht genannt werden darf“ – soll man über Donald Trump nicht berichten? Die Alternative im US-amerikanischen Fernsehen: Gun TV.

Da kann Lord Voldemort doch einpacken: Donald Trump. Foto: ap

A ch, Donald Trump. Was machst du nur mit uns? Scheinst mehr böse Kräfte zu haben als Lord Voldemort, der böse Zauberer aus „Harry Potter“. Der Möchtegernpräsidentschaftsbewerber in den USA lässt sich zu immer neuen Tiefs hinreißen.

Etwa seine feine Idee, allen Muslimen die Einreise ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu verbieten. Dazu zählt er selbstverständlich auch StudentInnen mit Visum und Muslime, die bereits einen US-amerikanischen Pass haben.

Die USA unter Trump, das Land der begrenzten Möglichkeiten, das die Verfassung – Stichwort Religionsfreiheit – mal eben aushebelt. Aber Trump macht sich seine Welt seit Jahrzehnten stets, wie sie ihm gefällt. Die Voldemort-Schöpferin, „Harry Potter“-Autorin J. K. Rowling, war es dann auch, die Trump böser als den bösesten Zauberer nannte.

Überhaupt die Briten: zeigen sich not amused von The Donald. Per Petition versuchen sie, Trump die Einreise auf die Insel zu verbieten, bis Freitag hatten mehr als 500.000 Menschen unterschrieben. Im House of Commons, dem Unterhaus des Parlaments, stellt man sich die Frage, ob Trump nicht gar Hassprediger sei, dem man die Einreise deswegen verbieten könne.

Und Londons Bürgermeister Boris Johnson würde in New York lieber einige Viertel meiden, um nicht einem gewissen Immobilientycoon über den Weg zu laufen. Eine zynische Replik auf Trumps Aussage, in London gebe es No-go-Areas.

Mit Zynismus gegen den Wahnsinn

Doch schafft man es nur mit Ironie und Zynismus, den Wahnsinn Trumps zu brechen? Das Internet ist voll davon, ein endloser Strom in der Timeline. Doch dazwischen gibt es vereinzelte Tweets, die nicht mit Scherzen versuchen, Trumps Erfolg den Schrecken zu nehmen, sondern ihm und seinem „Programm“ schlicht Realität entgegensetzen. “Hey @realDonald Trump, ich bin ein amerikanischer Muslim und trage schon einen speziellen Ausweis. Wo ist deiner?“, twitterte Tayyib M. Rashid. Darunter ein Bild seines Ausweises der US-Armee.

Trump findet nämlich die Idee charmant, Muslime mit gesonderten Ausweisen auszustatten. Wohingegen er, der Oberpatriot, nie gedient hat. Rashids Tweet wurde fast 39.000-mal geteilt.

Jede Regung Trumps erzeugt seit Monaten ein riesiges Echo, kein anderer Präsidentschaftsbewerber bekommt so viel Aufmerksamkeit, jede Provokation wird rauf und runter debattiert. Und nach jeder neuen Unfassbarkeit steigen seine Umfragewerte, aktuell führt er das Rennen bei den Konservativen an. 35 Prozent der Republikaner würden ihn laut aktueller CBS-Umfrage wählen. Jeb Bush? Bald im nicht messbaren Bereich mit 3 Prozent.

Kann die Antwort darauf sein, nicht mehr über Trump zu berichten? „Er, dessen Name nicht genannt werden darf“, wie Voldemort in den „Harry Potter“-Büchern aus Angst umschrieben wird? Jedem Fingerzeig Trumps hysterisch hinterherzurennen hat wahrlich nichts mit gutem Journalismus zu tun. Daran zeigt sich ein wenig jener Verzweiflung der US-Medien, neben Twitter und Facebook gänzlich in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

Polemik, Provokation, Lügen

Trump komplett zu ignorieren ist jedoch keine Lösung. In der Fiktion wird Voldemort nicht durch Ignoranz besiegt. Gut, kein anderer möglicher Präsidentschaftsbewerber hat derzeit „Harry Potter“-Charme oder Schlagzeilenpotenzial, aber kluge Berichterstattung hat die Chance, Trumps Strategie – Polemik, Provokation, Lügen – zu dekonstruieren.

Aber ach, Dekonstruktion – im Internet lässt man lieber Tiere sprechen. Das klickt sich besser. Das Time-Magazin, das Trump als Kandidaten für die Person des Jahres auf der Karte hatte (den Titel bekam dann doch Angela Merkel verliehen), hat einfach ein Video des Fotoshootings mit Trump veröffentlicht.

Dort sitzt er „chefig“ an seinem Schreibtisch, auf dem ein Weißkopfseeadler sitzt, das Wappentier der USA. Der Vogel heißt Uncle Sam, mehr Symbolik geht kaum. Als Trump während der Aufnahmen nach etwas greift, attackiert ihn der Adler. Trump schreckt in Panik zurück. Tiere: immer mit dem richtigen Instinkt ausgestattet, großartig. Wünscht man den AmerikanerInnen dringend in den kommenden Wochen. Die ersten Vorwahlen sind im Januar.

Wer bis dahin auf der Suche nach Abwechslung zum Trump-Programm ist, wird vielleicht an einem neuen Shoppingkanal Freude finden, der ab 2016 sieben Tage die Woche nachts auf Sendung geht: Gun TV. Glock, Beretta und Smith & Wesson bequem vom Sofa aus bestellen – und die Munition zum Vorzugspreis wenn man sofort anruft. Eine Welt, die Donald Trump bestimmt prächtig findet.

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Rieke Havertz
Leiterin taz.de
Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.

2 Kommentare

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  • Trump als wahsinnigen zu bezeichnen ist zu einfach. Er ist nicht wahnsinnig.

    Beim nächsten terroranschlag, und der kommt bestimmt , stimmen ihm dann alle zu und er wird President. Das ist sein Kalkül.

  • was für ein genuss, dieser artikel!