"Keine Schachtelsätze"

Interview Für Markus Franz ist die Art, wie wir reden und schreiben ein Spiegel von Charakter und Einstellung. Er plädiert für eine klare Sprache

Markus Franz

ist Autor des Buches „Reden Schreiben Wirken – und ganz nebenbei ein besserer Mensch werden“. Correctiv Verlag Essen (2015). Preis: 20 Euro. www.redenschreibenwirken.de

taz: Herr Franz, kaum jemand kann gut reden und schreiben, weil wir das nicht gelernt haben. Das behaupten Sie in ihrem Buch – eine ziemlich steile These.

Markus Franz:Zugegeben, das klingt unsympathisch, arrogant. Doch es folgt aus meinen Erfahrungen als Jurist, Pressesprecher, Diplomat und Redenschreiber. Die wenigsten Menschen sind in der Lage, Texte zu schreiben, die das Wesentliche auf den Punkt bringen. Das ist ein großer Jammer, weil die meisten ein großes Potenzial haben. In meinen Seminaren erlebe ich immer wieder, dass nach kurzer Zeit spannende und erstaunliche Texte entstehen. Die Angst ist aber auch, dass das Umfeld auf einfache und pointierte Texte negativ reagiert.

Was braucht man denn, um mit einer Rede Kollegen oder Mitarbeiter mitzureißen?

Entscheidend ist, dass man etwas zu sagen hat. Eine gute Rede setzt voraus, dass man dazu bereit ist, einen guten Text abzuliefern. Dass man bereit ist, den Lesern oder Zuhörern wirklich etwas zu bieten. Genauso wichtig ist die Leidenschaft für das Thema. Denn jedem Thema wohnt etwas Interessantes inne – man muss es nur rausholen. Eigentlich sind es einfache Regeln: Einfach schreiben. Aktiv formulieren. Keine Schachtelsätze. Bewertende Adjektive und Substantivierungen vermeiden.

Ist das ein Plädoyer für Micky-Maus-Sprech?

Es gibt nichts Kompliziertes, das sich nicht auch einfach ausdrücken lässt. Viele schreiben in Schachtelsätzen und verschwurbelt, weil sie glauben, dass das eine gewisse Intellektualität widerspiegelt. Wer etwas zu sagen hat, will doch, dass es auch verstanden wird. Wenn ich Texte mit vielen langen Sätzen sehe, werde ich misstrauisch.

Und ganz nebenbei ein besserer Mensch werden“ heißt es im Buchtitel. Da haben Sie sich aber viel vorgenommen.

Schreiben hat für mich etwas mit Charakter und Einstellung – aber auch mit Respekt vor dem Leser oder Zuhörer zu tun. Es geht um Wahrhaftigkeit, also die Frage: Habe ich etwas mitzuteilen oder mache ich den Menschen etwas vor? Durch mein Schreiben zeige ich Respekt vor dem Leser oder Zuhörer. Ich zeige aber auch Respekt vor anderen Positionen, mit denen ich mich ernsthaft beschäftige. Darum sollte man sich schon im Vorfeld einer Rede damit auseinandersetzen, wie man beim Publikum rüberkommen will. Interview: Volker Engels