Erfolg für Nordzypern

Präsident Mehmet Talat reist zu offiziellem Besuch in die USA. Scharfe Kritik von griechisch-zypriotischer Regierung

ISTANBUL taz ■ Wenn symbolische Handlungen politischen Wert haben, können die türkischen Zyprioten heute einen großen Erfolg feiern. Erstmals seit 1984, als die nur von der Türkei anerkannte Republik Nordzypern gegründet wurde, wird heute deren Präsident in Washington empfangen. Mehmet Ali Talat, gewählter Chef der völkerrechtlich nicht anerkannten Republik, wird nach langem diplomatischen Tauziehen von Außenministerin Condoleezza Rice empfangen. Ebenfalls noch für heute ist ein Treffen mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan geplant.

Das Treffen in Washington wird von der völkerrechtlich anerkannten griechisch-zypriotischen Regierung unter Präsident Tassos Papadopoulus erwartungsgemäß heftig kritisiert. Das es dennoch zustande kam, hängt mit der Politik ebendieser griechisch-zypriotischen Regierung zusammen. Im Frühjahr 2004 legte UNO-Chef Annan einen Friedensplan für Zypern vor, über den beide Volksgruppen per Referendum abstimmten. Während im türkischen Norden eine große Mehrheit dafür stimmte, war es im griechischen Süden umgekehrt. Papadopoulos selbst rief die Bevölkerung auf, dagegen zu stimmen, was eine große Mehrheit auch tat.

Seitdem verspricht die internationale Staatengemeinschaft den türkischen Zyprioten ihre Isolation aufzuheben und den Nordzipfel Zyperns international nicht länger zu boykottieren.

Doch der eigentliche Partner für die türkischen Zyprioten, die EU, tut sich schwer, ihren Versprechen auch Taten folgen zu lassen. Da die griechischen Zyprioten trotz ihres Neins zum Friedensplan Vollmitglied der EU wurden, wird jede Initiative Brüssels in Nikosia abgeblockt. So sind bislang weder die von Brüssel versprochenen Fördermittel im zypriotischen Norden angekommen, noch dürfen die türkischen Zyprioten ihre Zitrusfrüchte auf den europäischen Markt bringen. Das ist ein Grund, warum Ankara sich weigert, seine Häfen für griechisch-zypriotische Schiffe zu öffnen.

Statt der Europäer übernehmen deshalb die USA die Rolle der Türöffner zur internationalen Gemeinschaft für die türkischen Zyprioten. Talat hofft vor allem, dass die USA sich dafür einsetzen, dass die UNO erneut die Vermittlung von Friedensgesprächen übernimmt. Sollte Papadopoulos das wie bisher ablehnen, dürften andere Regierungen den USA folgen und die Quarantäne für Nordzypern de facto aufheben. Der nächste Auslandstrip Talats steht fest. Im Februar 2006 ist er bei Tony Blair zu Gast. JÜRGEN GOTTSCHLICH