Die Tempelhof-Pläne des Senats sind gerechtfertigt
: Ohne Alternative

Kommentar

von Stefan Alberti

Eines vorweg: Die folgenden Zeilen gehen davon aus, dass die Senatsmitglieder Müller, Czaja und Geisel nichts mit den Politmonstern aus der Serie „House of Cards“ um Francis Underwood zu tun haben, wo politische Moral nicht existiert. Dass also die Genannten, egal ob SPD oder CDU, sich wirklich um die Flüchtlinge bemühen, mit welchem Erfolg auch immer.

Das mal vorausgesetzt, ist es durchaus gerechtfertigt, das Tempelhofer Feld zu nutzen. Wenn sich die angeblich verfügbaren Büroflächen wirklich so einfach beschlagnahmen ließen – Müller & Co. hätten das längst getan. Schon allein, um sich den Vorwurf zu ersparen, den Volksentscheid zu ignorieren. Gleiches gilt für die Bundesimmobilien: Ja, die gibt es – aber dort sollen feste Gebäude entstehen. Bis sie fertig sind, braucht es eine Übergangslösung. Und wenn es denn so viele Möglichkeiten gäbe, die Flüchtlinge privat unterzubringen, warum sollte der Senat sie nicht nutzen?

Derzeit bekommen immer mehr Eltern von Schulen oder Vereinen die Nachricht, dass die Turnhallen ihrer Kinder nun belegt seien. Das ist auch hinzunehmen, weil die Flüchtlinge sonst im Freien stünden – und sorgt dennoch für schlechte Stimmung. Das Tempelhofer Feld als Alternative zumindest am Rand und temporär zu nutzen, ist darum einfach richtig.

Die Tempelhof-Pläne sind nicht gerechtfertigt
: So verspielt man Vertrauen

Kommentar

von Bert SCHULZ

Wie schnell sich die Zeiten ändern: Vor nicht mal einem Jahr war Bürgerbeteiligung die vermeintliche Zauberformel der Berliner Politik. Über so ziemlich alles sollten die Bürger plötzlich mitreden können, versprachen SPDler und CDUler unisono; vor allem, wenn es ums Bauen ging. Vorausgegangen war die Schlappe des Senats auf dem Tempelhofer Feld. Und Rot-Schwarz fürchtete eine zweite Blamage: Berlin wollte sich für Olympische Spiele bewerben.

Das alles ist nun vergessen. Die Exekutive macht eineinhalb Jahre nach dem Tempelhof-Entscheid wieder ihr Ding – und nicht einmal den Versuch, die Berliner in ihre neuesten Feldpläne einzubinden, obwohl es dafür Vorschläge gab.

Erstaunlich kurzsichtig ist das, trotz aller Schwierigkeiten, Unterkünfte zu finden. Denn es schmälert das Vertrauen vor allem in die SPD und ihre Pläne. Fehlendes Vertrauen indes war ein wesentlicher Grund, warum die Berliner im Mai 2014 gegen jegliche Bebauung des Feldes stimmten, obwohl der damalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) nur Wohnungen am Rande wollte.

Nun ist Müller Regierender Bürgermeister. Und liefert mit der Änderung des Tempelhof-Gesetzes einen guten Grund, warum man ihm im Wahlkampf 2016 nicht alles glauben sollte.