Mieten kaum gebremst

Wohnen Seit 1. Mai 2015 gilt die Mietpreisbremse, die krasse Preissteigerungen bei Wiedervermietungen verhindern soll. Doch viele Vermieter ignorieren das neue Gesetz

Eine hohe Hürde: Wer als MieterIn den Eindruck hat, zu viel Geld zu zahlen, muss gegen seinen Vermieter eine Rüge aussprechen Foto: Paul Zinken/dpa

von Uwe Rada

Die Mietpreisbremse ist in Berlin nicht wirkungslos geblieben. Das ist das Ergebnis eines Immobilienreports, den die Vermietungsplattform Immobilienscout 24 am Dienstag vorgestellt hat. „Es gibt einen bremsenden Effekt“, sagte Jan Hebecker, Leiter der Abteilung Daten und Märkte. „Allerdings wird die 10-Prozent-Regel nicht eingehalten.“ Die Mietpreisbremse gilt in Berlin seit dem 1. Mai 2015. Bei Wiedervermietungen, die in der Vergangenheit den größten Anteil am Mietenanstieg hatten, darf die Miete seitdem nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Allerdings gibt es auch zahlreiche Ausnahmen, etwa für Neubauten oder umfassend sanierte Wohnungen. „Inwieweit diese Ausnahmen von den Eigentümern geltend gemacht wurden, konnten wir nicht untersuchen“, sagte Hebecker. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen für seinen Report 3.000 Mietangebote analysiert.

Nach zuletzt widersprüchlichen Urteilen des Landgerichtes Berlin zur Gültigkeit des Mietspiegels hat nun auch das Vermietungsportal Immobilienscout 24 die Genauigkeit des Berliner Mietspiegels infrage gestellt. „Die meisten gehobenen Wohnlagen im Mietspiegel befinden sich in Westberlin. Die höchsten Preise werden aber in Mitte erzielt“, sagte Immoscout-Abteilungsleiter Jan Hebecker. „Das bildet nicht die Marktlage ab.“ Er forderte, dass die Wohnlagen mit der Einteilung in einfache, mittlere und gehobene künftig über den Preis definiert werden. Nur so werde man wissenschaftlichen Kriterien gerecht. (taz)

Den stärksten Rückgang der Angebotsmieten gab es im Juni, einen Monat nach Einführung der Mietpreisbremse. Die durchschnittliche Höhe der Kaltmieten für inserierte Wohnungen sank von 8,80 Euro auf 8,50 Euro pro Quadratmeter. Allerdings steigen sie seitdem auch wieder kontinuierlich an. Im Oktober, dem letzten Monat, den das Unternehmen ausgewertet hat, lagen sie mit 8,73 Euro wieder fast beim Ausgangspunkt. Warum das so ist, konnte Hebecker nicht erklären. „Für eine richtige Bilanz muss man ein ganzes Jahr untersuchen“, sagte er.

Erstmals wurden nun auch einzelne Bezirke näher untersucht. In Kreuzberg etwa gingen die Angebotsmieten nach Mai von zuvor 10,77 Euro auf 10,62 Euro zurück, ein Minus von 1,4 Prozent. Allerdings lagen sie damit auch nach der Einführung des neuen Mietengesetzes 41,2 Prozent über dem Mietspiegelmittelwert. „Die Mieten orientieren sich auch nach der Einführung der Mietpreisbremse an der Marktsituation“, sagte Hebecker. Oder anders gesagt: Die meisten Vermieter ignorieren das neue Gesetz. Ärger müssen sie dabei nicht befürchten. Denn der Verstoß gegen die Mietpreisbremse wird nicht geahndet. Wer als Mieter den Eindruck hat, zu viel zu zahlen, muss zudem gegen seinen Vermieter eine Rüge aussprechen. Eine hohe Hürde, wie der Mieterverein immer wieder betont.

„Es gibt einen bremsenden Effekt“

Jan Hebecker, Leiter der Abteilung Daten und Märkte Immobilienscout 24

Noch größer ist die Differenz zwischen Mietspiegel und Angebotsmieten bei Neubauwohnungen, die um 1970 herum gebaut wurden. Sie beträgt fast 90 Prozent. Für Hebecker ein Hinweis darauf, dass nicht mehr das Alter der Wohnungen entscheidend sei, sondern die Lage. Bei den Bauten in Kreuzberg liegt die Mietspiegelmiete bei 5,18 Euro pro Quadratmeter, in den Anzeigen des Vermietungsportals werden sie dagegen im Schnitt für 9,75 Euro angeboten.

Während die Mieten seit Mai in fast allen Kategorien fielen, sind sie in Friedrichshain bei Neubauten, die um 1990 errichtet wurden, um 12,4 Prozent gestiegen. In Neukölln stiegen sogar die Altbaumieten: von 9,49 auf 9,82 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter.