Das Prinzip der Gemeinsamkeit

BARRIEREFREI Beim inklusiven Kurzfilmfestival „Klappe auf“ laufen eben nicht nur Filme über Inklusion, es geht vielmehr um ein selbstbestimmtes Leben

In der Ferne wütet das Chaos: Nur über den Wolken ist es in dem Animationsfilm „In the Distance“ friedlich   Foto: Florian Grolig/In the Distance

Dass ein inklusives Team vor und hinter der Kamera einen ganzen Spielfilm drehen kann, wurde spätestens mit der Bremer Produktion „Apostel & Partner“ bewiesen. Doch nimmt man das Prinzip der Inklusion ernst, sollten auch Filmfestivals von Teams veranstaltet werden, in denen Menschen mit und welche ohne körperliche Behinderungen und psychische Erkrankungen zusammenarbeiten. Diese Idee hatte auch Filmemacher und Sozialtherapeut Andreas Grützner und entwickelte mit Unterstützung der evangelischen Stiftung Alsterdorf das Projekt „Klappe auf“.

Grützner stellte ein filmbegeistertes inklusives Team zusammen und im Oktober 2013 war Premiere. Schirmherr war der Hamburger Filmemacher Fatih Akin und er sprach davon, dass im Kino alle gleich seien.

Doch eine noch größere Bestätigung als die vollen Sitzreihen und die positiven Berichte in den Medien ist wohl, dass die gleichen Leute nun die zweite Ausgabe von „Klappe Auf“ organisiert haben.

Sie sichteten rund 500 eingereichte Film, aus denen sie schließlich 36 Wettbewerbsfilme aussuchten. Im Programm sind mit Dokumentationen und Spielfilmen, Animationen und experimentellen Werken alle Stilformen und viele Genres des Kinos vertreten.

Im Wettbewerb läuft, um nur ein Beispiel zu nennen, „Die Brunnenfrau“ von Julia ­Finknagel. Dieser Kurzfilm zeigt, dass gut gemeinte Hilfe ohne Inklusion der Beteiligten mehr schadet als nutzt. Es geht um eine Entwicklungshelferin, die in einem Dorf in Afghanistan einen Brunnen für die Frauen bauen will, aber nicht versteht, dass sie ihnen damit ihren einzigen Freiraum – nämlich den Weg zum Wasserschöpfen am Fluss – nimmt.

Es wurden eben nicht nur Filme zum Thema Inklusion ausgewählt. Stattdessen ist das selbstbestimmte Leben das Leitmotiv „Hin & Weg“ absichtsvoll vage und lässt viel Spielraum.

Im barrierefreien Hamburger Kino Metropolis werden alle Filme mit Untertitel für Gehörlose und mit Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte gezeigt.

In der fünfköpfigen Jury, die insgesamt drei Preise vergeben wird, sitzen unter anderem die blinde Schauspielerin und Sängern Katharina Friese, der taube Schauspieler, Kameramann und Comic-Zeichner Eyk Kauly und auch der Hamburger Underground-Filmemacher Peter Sempel. HIP

Zweites inklusives Filmfestival „Klappe auf“: 4. bis 6. Dezember, Metropolis, Kleine Theaterstraße 10, Hamburg