Surfen ist keine Privatsache

Mailen und Surfen am Arbeitsplatz: Wer ständig privat im Internet unterwegs ist, schädigt den Arbeitgeber und riskiert schlimmstenfalls sogar seinen Job. Deshalb sollte man sich zuvor mit den betrieblichen Gepflogenheiten vertraut machen

VON ANDREAS LOHSE

Nur durch Zufall kam man Fritz K. auf die Schliche: Weil der Rechner seines Chefs gerade blockiert war, wollte der am Bildschirm des Mitarbeiters eine Webseite aufrufen. Die Überraschung: Bei der Adress-Eingabe ins Suchfeld bot ihm der Browser viele unbekannte Möglichkeiten an – darunter auch zahlreiche Adressen von Sexseiten. Denn Fritz K. hatte während seiner Arbeitszeit wiederholt diese Seiten im Internet aufgerufen, was der Computer automatisch protokolliert. Der Büroangestellte erhielt eine schriftliche Abmahnung, die ihn jedoch nicht dazu bewog, sein Verhalten zu ändern. Die darauf folgende fristlose Kündigung seines Arbeitgebers nahm Fritz K. klaglos hin. So eindeutig wie in diesem Fall ist die Sachlage jedoch nicht immer.

Die Computer in nahezu allen Büros verfügen inzwischen über einen Internetzugang. Da ist die Versuchung groß, mal eben neben der beruflichen Recherche privat etwas nachzuschauen oder der Freundin eine GutenMorgen-Mail zu senden. Privat surfen und mailen am Arbeitsplatz ist in vielen Betrieben zwar üblich, wird vom Chef jedoch meist nicht gern gesehen.

Schließlich kostet dieses Privatvergnügen im ungünstigsten Fall den Arbeitgeber nicht nur Arbeitszeit und Anschlussgebühren. Wer beim privaten Internet-Ausflug versehentlich Viren auf den Dienstcomputer appliziert oder einen Dialer einfängt, kann dem Betrieb empfindlichen Schaden zufügen. Während einige Arbeitgeber die private Nutzung stillschweigend dulden, verbieten andere sie ausdrücklich. Gibt es ein ausdrückliches Verbot, bewegt man sich auch dann auf gefährlichem Boden, wenn der Inhalt der aufgerufenen Seiten unverfänglich ist. Ist das Verschicken privater E-Mails verboten, hat der Chef das Recht, diese Mails zu kontrollieren. Sie sind dann nämlich wie Geschäftspost zu behandeln. Wer dem Verbot zuwider handelt, riskiert zumindest eine Abmahnung. Die wird in der Personalakte vermerkt und in der Regel frühestens nach ein bis zwei Jahren gelöscht. Reagiert der Arbeitnehmer darauf nicht, droht die Kündigung. Für diesen Fall sollte man auf jeden Fall versuchen, mit dem Chef zu reden, um die Kündigung noch abzuwenden. Sünder sollten Reue zeigen – und natürlich Besserung geloben.

Doch auch all jene sollten Vorsicht walten lassen, an deren Arbeitsplatz die private Nutzung von E-Mail und Internet zwar nicht verboten, aber auch nicht ausdrücklich erlaubt ist. Es bedarf nämlich – wie eingangs bewiesen – keinesfalls ausgefeilter technischer Installationen, um nachzuvollziehen, welche Wege ein Nutzer im Netz gegangen ist. Besteht zudem der begründete Verdacht, dass die private Nutzung überhand nimmt, ist der Arbeitgeber ebenfalls berechtigt, die Computer zu überprüfen und die Internetprotokolle einzusehen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Arbeitsleistung zu kontrollieren. Und zwar auch dann, wenn es keine konkreten betrieblichen Regelungen zum privaten Internetgebrauch während der Arbeitszeit gibt. In diesem Fall ist zwar eigentlich alles erlaubt, was nicht gegen die guten Sitten verstößt, doch sollte man als Arbeitnehmer besser nicht übertreiben.

Eine einheitliche Rechtsprechung in diesem relativ neuen Bereich gibt es noch nicht. So musste nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Wesel zum Beispiel ein Arbeitgeber eine fristlose Kündigung zurücknehmen. Zwar hatte seine Angestellte übermäßig viel Zeit (etwa 80 bis 100 Stunden innerhalb eines Jahres) mit privater Internet-Recherche verbracht, es bestand jedoch kein ausdrückliches Verbot der privaten Nutzung. Zudem hatte sie zuvor auch keine Abmahnung erhalten (Az. 5 Ca 4021/00).

Eine Abmahnung war wiederum für die Düsseldorfer Arbeitsrichter in einem anderen Fall nicht nötig, um die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters zu rechtfertigen. Hier genügte eine betriebliche Internet-Nutzungsvereinbarung, die das Speichern von Daten gesetzeswidrigen oder pornografischen Inhalts untersagte, was vom Arbeitnehmer nicht eingehalten wurde. Er hatte eben genau jene Dateien heruntergeladen (Aktenzeichen 4 Ca 3437/01).

Über etwaige betriebliche Vereinbarungen zur privaten Nutzung des Internets kann in größeren Firmen der Betriebsrat Auskunft geben. Gibt es darüber keine Betriebsvereinbarung, bedeutet das aber noch lange nicht, dass man ungehindert surfen und mailen kann, solange man will. Auf der sicheren Seite ist nur, wer sich offen mit dem Chef über Art und Umfang der Nutzung verständigt und klare Absprachen trifft.