berliner szenen Kulinarisches Kultimulti

Döner rot-weiß

Mit Heißhunger sollte man Orte wie die Danziger Straße lieber meiden. Rechts und links ein Imbiss, ein Restaurant, ein Lokal nach dem anderen. Bevor mich meine eigene Unentschlossenheit zu frusten anfängt, entscheide ich mich für einen alten Bekannten, der mich schon lange begleitet: den Döner.

Während sich der Imbissbesitzer gerade über einen seiner Gäste aufregt, der von ihm Pfand für irgendein Getränk will, das es dort noch nie gab, wähle ich die klassische Variante: kein Schafskäse, kein Teller, kein Yufka.

Doch was dann kommt, darauf bin ich nicht vorbereitet. Mit dem Hinweis, dass ich jetzt gleich einen „leckeren Döner“ bekomme, nimmt der Mann hinter dem Tresen zwei große Plastiktuben mit Mayo und Ketchup, wie sie in jeder Currybude in Berlin stehen, und drückt die weiß-rote Masse energisch auf die beiden Seiten des Fladenbrotes. Schließlich klatscht er noch eine ordentliche Ladung Ketchup auf das Fleisch – so schnell, dass ich keine Zeit habe, darauf zu reagieren. Das scharfe Gewürz, mit dem er seine Kreation abrundet, kommt aus einer ominösen Metalldose. Da ich nicht genau sehe, was aus dem Streuer rieselt, könnte es genauso gut Curry sein. Als mir der freundliche Verkäufer das Kunstwerk entgegenstreckt, weist er mich noch einmal darauf hin, dass sein Döner besonders lecker sei. Auch nach meinem Einwand „Ja, aber mit Ketchup …“ verschwindet das breite Lächeln nicht von seinem Gesicht.

Nicht dass mir die Offenheit gegenüber jeglicher Art von kulinarischem Kultimulti fehlt, doch beim Curry-Döner oder dem Döner rot-weiß ist dann die obere Toleranzschwelle erreicht. Zumindest in der Theorie, denn geschmeckt hat die eigenwillige Fusion erstaunlicherweise trotzdem. KONSTANTIN RIFFLER