heute in Bremen
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"Keine Angst vor Terror"

Demonstration Eine Fahrradkarawane durchquert Bremen auf ihrem Weg zum Klimagipfel in Paris

Bernhard Stoevesandt

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45, ist Diplom-Physiker, Atomkraftgegner und aktiv im Bremer Klimaplenum.

taz: Herr Stoevesandt, erwarten Sie Probleme für die Radkarawane an der französischen Grenze?

Nein, eigentlich nicht.

Aber Frankreich hatte schon eine Woche vor den Anschlägen stärkere Grenzkontrollen angekündigt, wegen Terrorgefahr auf dem Klimagipfel.

Ich bin am Montag mit der Bahn in Paris angekommen und habe keinen einzigen Polizisten oder Militär getroffen.

Haben Sie mehr Angst vor der Terror oder dem Klimawandel?

Sagen wir es mal so: Der Klimawandel hat die katastrophaleren Auswirkungen.

Alle Demonstrationen zum Klimagipfel hat Frankreich jetzt verboten – halten Sie sich daran?

Nein. Die großen Demos wurden ja gerade abgesagt, aber Greenpeace und Attac mobilisieren weiter und auch wir vom Bremer Klimaplenum lassen uns nicht einschüchtern. Weder von Verboten noch von Terroristen. Die Begründung ist ja, die Polizei könne uns jetzt nicht schützen – aber wer schützt uns denn vor den erwartbar schlechten Ergebnissen der Verhandlungen auf dem Gipfel?

Haben Sie Sorge, dass das Thema Klimawandel in der allgemeinen Terrorangst untergeht?

Ja, ich fürchte, dass diese benutzt wird, um die Beschlüsse aus der öffentlichen Debatte zu nehmen.

Aber selbst wenn alles transparent wäre, würde momentan kaum jemand hingucken – wäre es besser, den Gipfel zu verschieben?

Nein, weil uns die Zeit davonläuft. Je später wir handeln, desto schlimmer wird es. Derzeit haben wir eine Erwärmung von einem Grad – und die Schäden sind schon enorm. Wir müssen endlich ehrlich darüber reden, was passieren muss.

Was meinen Sie?

Der Klimagipfel ist eigentlich eine Wirtschaftskonferenz. Was darf noch produziert werden, wer darf sich noch entwickeln und was heißt das für unseren Lebensstandard? Eine solche Reduktion an CO2-Emissionen, wie wir sie eigentlich bräuchten, um den Anstieg auf zwei Grad zu begrenzen, gab es nur in schweren Wirtschaftskrisen.

Interview: Eiken Bruhn