Rugbystar Jonah Lomu gestorben: Der Unaufhaltbare
Jonah Lomu ist tot. Der Neuseeländer mit polynesischen Wurzeln war der erste Weltstar, den der Rugbysport hervorgebracht hat.
Wenn Jonah Lomu mit dem Rugby-Ei in den Händen loszog, gab es kein Halten. Seinen ehrfurchtsvollen Spitznamen „The Unstoppable“, der Unaufhaltbare, verdiente sich der damals 19 Jahre junge Außendreiviertel der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft mit seinen sagenhaften Dribblings schon während seines ersten internationalen Auftritts bei der WM 1995 in Südafrika.
Seine vier Versuche im Halbfinale gegen England gehören zum Legendenschatz dieser Sportart und begründeten Lomus Ruf als der beste Rugby-Spieler aller Zeiten. Die Professionalisierung und Globalisierung des Rugby-Sports waren damals noch am Anfang. Dieser Mann mit dem unwiderstehlichen Antritt beschleunigte mit seiner aufsehenerregenden Spielweise diese Entwicklung. Jonah Lomu gilt als erster Weltstar dieses Sports.
Der 1,96 Meter große Athlet war auch deshalb eine Ausnahmeerscheinung, weil er für seine Größe und sein Körpergewicht (125 Kilogramm) unheimlich schnell war. Lomu sprintete die 100 Meter in 10,8 Sekunden. Wegen dieser ungewöhnlichen Kombination aus Wucht und Schnelligkeit beschrieben Kommentatoren Lomus Spiel immer wieder als „Naturgewalt.“
Unvollendete Karriere
Und dennoch blieb die Karriere des wohl besten Spielers, den die große Rugby-Nation Neuseeland je hatte, unvollendet. Zwar ist er der jüngste Spieler, der je für die „All Blacks“ nominiert wurde, den Weltmeistertitel aber gewann Lomu nie. Schon früh litt er an einer seltenen Nierenerkrankung (Nephrotisches Syndrom). Bereits 1994 wurde die Diagnose gestellt, 2003 musste er schließlich mit 28 Jahren seine Karriere beenden.
Der verzweifelte Versuch, sich durch Engagements auch bei europäischen Klubs noch einmal für eine WM vorzubereiten, scheiterte krankheitsbedingt. Die Weltmeisterschaft 2007 in Frankreich blieb nur ein Traum. 2011 hatte ein erstes Spenderorgan nach sieben Jahren den Dienst aufgegeben. Geld war damals aber nicht der Antrieb für seinen Comeback-Versuch, Lomu hatte 1999 einen Werbevertrag mit Adidas unterzeichnet, der ihm für zehn Jahre rund zehn Millionen neuseeländische Dollar einbrachte.
Dieser Sportler wurde aber nicht nur wegen seiner Ausnahmeleistungen auf dem Spielfeld verehrt. 1975 wurde Lomu in schlimme Verhältnisse in Auckland geboren, seine Kindheit verbrachte er in Tonga, dem Land seiner Eltern. Zurück in Aucklands von Jugendbanden dominierten Süden bewahrte ihn auch sein Rugby-Talent vor einer kriminellen Laufbahn.
Brutale Kindheit
Lomus Aufstieg zum Sportstar gilt vielen jungen Polynesiern, die vor ähnlichen Wegkreuzungen in ihrem Leben stehen, als Vorbild. Eine Zeitung nannte Lomu wegen seiner auch außerhalb des Spielfeldes großen Bedeutung einmal „den Muhammad Ali des Rugby“. In seiner 2004 veröffentlichten Biografie „My Story“ erzählt Lomu offen über seine brutale Kindheit und die Schläge seines trinkenden Vaters, der ihn oft mit einem Elektrokabel malträtierte. Seine spätere Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Abwehrspielern gewann er unter anderem dadurch, dass er immer wieder einen schweren Rasenmäher hinter sich herzog.
Nach seiner Karriere arbeitete Lomu als Botschafter von Unicef in Neuseeland und als Patron einer Stiftung, die sich um nierenkranke Kinder kümmerte. Als Botschafter der Rugby WM 2011 in Neuseeland bereiste Lomu auch Tonga, das Land seiner Eltern. Der Sportminister von Tonga erklärte damals: „Sicherlich können viele Länder stolz auf Jonah Lomu sein, aber Tonga ist am stolzesten.“
Rugby World Cup
Am Mittwoch ist Jonah Lomu in Auckland überraschend gestorben. Er war gerade aus einem Urlaub in Dubai nach der Rugby-WM in England in seine Heimat zurückgekehrt. Die Rugby-Welt und viele Politiker in seiner Heimat zeigten sich betroffen über den Tod jenes Mannes, der den Rugby-Sport prägte wie kaum ein anderer. Jonah Lomu, der dreimal verheiratet war, hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder.
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