Kölner Koalitionstheater im vorerst letzten Akt

Nach wochenlangem Streit soll morgen die Entscheidung über die Zukunft der Großen Koalition im Kölner Rat fallen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Börschel betont, er wolle nicht aus dem Bündnis mit der Union aussteigen

KÖLN taz ■ Die Große Koalition in Köln steht kurz vor der Entscheidung, ob sie sich noch einmal zusammenraufen will oder ob die politische Liaison nach knapp einem Jahr bereits zu Ende ist. Die Spitzen der Ratsfraktionen von SPD und CDU kommen heute zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um über die Fortsetzung ihrer Koalition zu verhandeln. Bereits am Abend sollen Parteivorstand und Fraktion der Union eine Entscheidung bekannt geben, hieß es gestern. „Wir wollen diese Koalition zum Gelingen führen“, sagte der Kölner SPD-Fraktionschef Martin Börschel zur taz.

In der Großen Koalition kriselt es, seit die SPD Anfang Oktober ihren Kandidaten als Sprecher der Geschäftsführung beim Stadtwerke-Konzern gegen den Willen der CDU durchboxte. Die Union hatte dem Koalitionspartner daraufhin ein Ultimatum bis zum Ende der Herbstferien gesetzt, um „das von ihr verursachte Problem zu lösen“ (taz berichtete). Doch die SPD-Fraktion ließ sich Zeit. Nicht sie, sondern die CDU lud schließlich zum morgigen Koalitionsausschuss. „Jemand, der ein Ultimatum stellt, muss am Ende sagen, wie er entscheidet“, so Börschel.

Die Schuld an der Koalitionskrise geben sich CDU und SPD gegenseitig. Das Vorgehen der CDU, die ähnlich wie die SPD ihren Kandidaten für eine Tochterfirma der Stadt gegen das Votum des Koalitionspartners durchgesetzt hatte, sei „nicht angemessen“ gewesen, sagt Börschel. Aber nun solle sich die Koalition endlich wieder den Sachthemen zuwenden. Die drängenden Probleme der Stadt seien „an beiden Händen gar nicht abzuzählen“.

Tatsächlich hat die Große Koalition in fast elf Monaten kaum Entscheidungen getroffen. Nach wie vor ist unklar, wie das enorme Haushaltsdefizit ausgeglichen werden soll. Auch städtebauliche Probleme wie etwa die Zukunft des maroden Opernhauses sind noch nicht angegangen worden. Einzig bei der Debatte um die Hochhausbauten in Köln-Deutz, die zum Streit mit der Unesco geführt hatten, zeichnet sich eine Einigung ab. Nachdem die CDU sich gegen weitere Häuser über 60 Meter Höhe ausgesprochen hat, signalisiert SPD-Fraktionschef Börschel: „Wir haben immer gesagt, dass die Unesco nicht ignoriert werden darf.“

Ein Hauptgrund für die Lähmung der Stadtpolitik war der nicht enden wollende parteiinterne Streit der Kölner Union. Nach langen Querelen hat die CDU am vergangenen Mittwoch mit Winrich Granitzka einen neuen Fraktionschef gewählt. Die SPD gibt sich vorsichtig optimistisch: Granitzka sei ein „sehr sachlich orientierter Mensch“, so Börschel über den ehemaligen Polizeipräsidenten. „Jeder, der sich den inhaltlichen Fragen stellt, ist ein Gewinn.“ Der Kölner SPD-Vorsitzende Jochen Ott sicherte Granitzka zu, dass die SPD „ein verlässlicher Partner bei der Suche nach Lösungen“ sei.

Fragt sich nur, wessen Partner. Die Grünen, die in Köln bereits von 2003 bis 2004 mit der CDU koalierten, stehen für eine Ampel- oder Jamaika-Koalition bereit. „Wir sind ja nicht als Protestpartei gewählt worden, sondern werden natürlich stets alle Bedingungen ausloten, um auch mitgestalten zu können“, sagt die grüne Fraktionschefin Barbara Moritz. Die inhaltliche Schnittmenge sei mit der SPD zwar größer. Letztlich hänge es aber „ganz stark vom Willen der Beteiligten ab“, welche Konstellation zu Stande käme. Dieser Wille scheint bei der FDP bislang nicht sehr ausgeprägt. Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagt: „Wir scharren nicht mit den Hufen.“ Sollte es zum Koalitionsbruch kommen, müssten „die Großen auf die Kleinen zugehen“. SEBASTIAN SEDLMAYR