Liebeserklärung
: Manfred Götzl

Der Richter im NSU-Prozess ist ein spröder, korrekter Kauz.
Doch seine Penibilität zahlt sich jetzt wohl aus

Er ist schon ein Kauz. Stoisch, spröde, nur den Paragrafen verpflichtet. So steuert Richter Manfred Götzl seit zweieinhalb Jahren den NSU-Prozess. Gleich zu Beginn verprellte er Journalisten, weil er ihre Plätze im Saal per Los verteilte. Dann irritierte er die Opfer, als er auch diese im Zeugenstand barsch anging. Für Götzl geht es stets darum zu zeigen, wer Chef im Saal ist: Manfred Götzl.

Es ist ein Auftritt, der nicht gleich einnimmt. Nun aber scheint sich Götzls Penibilität auszuzahlen. Denn dem Franken scheint etwas zu gelingen, was nicht mehr möglich schien: eine Aussage Beate Zschäpes.

Seit ihrer Festnahme vor vier Jahren hat sich die NSU-Hauptbeschuldigte nicht zu den Taten geäußert. Ihre Anwälte rieten ihr zum Schweigen, Zschäpe selbst vermied im Gericht jede Regung. Im Sommer stellte ihr Götzl einen vierten Anwalt zur Seite. Noch einer? Jetzt wird klar: Mit ihm fädelte der Richter hinter den Kulissen die Aussage ein. Im Dezember soll es so weit sein.

Intransparenz werfen ihm Zschäpes Alt-Anwälte nun vor. Andere Verteidiger stellten einen Befangenheitsantrag und zetern, er wolle eine Aussage „um jeden Preis“. Ein absurder Vorwurf. Aber ja doch! Bis heute sind zentrale Fragen im NSU-Komplex offen. Niemand dürfte darüber mehr wissen als Zschäpe. Es ist kein Fehler, sondern die Pflicht des Richters, hier so viel Wahrheit ans Licht zu befördern wie möglich.

Und Götzl, der Korrekte, weiß, was er tut. Der Befangenheitsantrag wird an ihm abprallen – wie alle anderen zuvor auch. Und die Anwälte, die den Antrag stellten, vertreten just den mitangeklagten Ralf Wohlleben, der nun offenbar auch sein Schweigen brechen will. Götzl hat etwas ins Rollen gebracht. Allein der Versuch, diese Aufhellung eingefädelt zu haben, verdient Anerkennung. Götzl, dieser Kauz, er könnte der NSU-Aufklärung noch einen der größten Dienste erweisen. Konrad Litschko