Ausweg für Frauen aus der Teilzeitfalle

Geschlechterrollen WissenschaftlerInnen schlagen neues Modell für die Familienarbeitszeit vor

Familienparkplatz. Und wer macht den Einkauf? Foto: Jan Woitas/dpa

BERLIN taz | Es ist das Herzens­projekt von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD): Junge Eltern sollen ihre Arbeitszeit reduzieren, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Knackpunkt: Geld soll ihrem Plan nach aber nur fließen, wenn kein Elternteil Vollzeit arbeitet. Eine neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) schlägt nun ein leicht verändertes Modell der Familienarbeitszeit vor.

ElterngeldPlus, bessere Kinderbetreuung – die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ wird allseits beschworen. Trotzdem lebt das Ein-Verdiener-Modell fort. In der Regel sind es immer noch Männer, die Vollzeit arbeiten, während Frauen zurückstecken. Dabei sind laut aktuellem Familienreport 91 Prozent der zwischen 20- und 39-Jährigen dafür, dass beide Eltern für die Kinderbetreuung verantwortlich sein sollten. 81 Prozent finden, dass das auch auf das Einkommen zutreffen sollte.

„Instrumente wie das Ehegattensplitting bestärken diese Ungleichheit“, sagt Stefanie Elies von der FES. Die Familienarbeitszeit könne dazu beitragen, klassische Rollenbilder zu verändern und gleichberechtigte Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit voranzutreiben.

32 Stunden pro Woche sollen beide Eltern von Ein- bis Dreijährigen arbeiten, der Lohnausfalls soll teilweise ausgeglichen werden. So sah die Familienarbeitszeit in einer ersten Studie aus dem Jahr 2013 aus. Nun haben DIW und FES das Konzept erweitert. Die vom Vollzeitlohn abgeleitete Lohnersatzzahlung könne durch eine Pauschalleistung in Höhe von 250 Euro ersetzt werden. Statt einer starren 32-Stunden-Woche sei ein „Korridor“ von 28 bis 32 Stunden denkbar.

Dieses Modell biete die meisten Vorteile, sagt Kai Uwe-Müller vom DIW. Die Pauschalleistungen würden den Verwaltungsaufwand reduzieren und Familien mit geringeren Einkommen stärker unterstützen. Der Spielraum bei der Arbeitszeit böte Eltern mehr Flexibilität. „Die Familienarbeitszeit wäre eine finanzielle Anerkennung für erbrachte Sorgearbeit“, sagt Katharina Wrohlich vom DIW.

Die MacherInnen der Studie hoffen auf ein gesellschaftliches Umdenken. Sorgearbeit soll aufgewertet werden, Väter sollen bestärkt werden, weniger zu arbeiten. Deswegen haben sich die WissenschaftlerInnen für eine maximale Arbeitszeit von 32 Stunden entschieden, erklärt Wrohlich. 35 Stunden sind nach manchen Tarifverträgen eine Vollzeitbeschäftigung. „Da müssten viele Väter ihr Verhalten gar nicht ändern.“

Die Kosten der Familienarbeitszeit seien mit 130 bis 320 Millionen Euro netto im Jahr relativ gering, da das Arbeitsvolumen insgesamt steige. Doch einen Haken hat die Rechnung: Die Studie misst nur die kurzfristigen Folgen einer Familienarbeitszeit. Danach würde der Anteil von Paaren, die sich für ein solches Modell entscheiden, von knapp einem auf etwas über drei Prozent ansteigen. Sollten sich klassische Rollenverhältnisse wie erhofft ändern und deutlich mehr Familien die Unterstützung in Anspruch nehmen, dürfte sich das auch auf die Kosten auswirken. Dinah Riese