MUSIK

Musik Tim Caspar Boehme

hört auf den Sound der Stadt

Ein Gebot der Höflichkeit verlangt, dass man den Alten den Vortritt lässt. Seien wir also höflich und beginnen diese Runde mit Veteranen, die sich an diesem Donnerstag im Aufsturz-Klub einfinden, um dort der Reihe Jazzkeller 69 ihre Ehre zu erweisen. Die Rede ist vom Alfred 23 Harth Berlin Quartett um den Frankfurter Multiinstrumentalisten Alfred 23 Hart, der seit den späten sechziger Jahren von Frankfurt am Main aus die Improvisationsmusik in Deutschland mitgeprägt hat und neben „echten“ Instrumenten auch vor neueren technischen Entwicklungen wie Samplern nicht zurückschreckte. In seinem Berlin Quartett spielt er – an Bassklarinette, Saxofon und Elektroni – mit dem japanischen Wahlberliner Kazuhisa Uchihashi, der Gitarre und das sonderbare Daxophon bedient, dem australischen Bassisten Clayton Thomas, der eigentlich noch zu jung ist, um Veteran genannt zu werden, und dem aus Rom als Gast angereisten Schlagzeuger Fabrizio Spera. Mit frisch-unorthodoxen Klängen ist zu rechnen (Oranienburger Str. 67, 20.30 Uhr – pünktlich!).

Aber es soll nicht immer bloß von den Alten die Rede sein. Besonders dann nicht, wenn es so guten Nachwuchs gibt. Der mitunter gerade einmal 18 Jahre alt ist. Ish Darr, Rapper aus Milwaukee, etwa. Der hat mit seinem Mixtape „Old Soul Young Spirit“ in diesem Jahr für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Und die alte Seele, auf die er im Titel anspielt, könnte man in seinen gelegentlich abgehangen-saftigen Grooves erkennen, bei denen aber auch vor den heutigen Möglichkeiten digitaler Stimmbearbeitung Gebrauch gemacht wird. Neben fettem Bass hat er ansonsten filigranere elektronischere Produktionen parat, die ganz in der Gegenwart vibrieren. Beim Rappen allerdings benötigt er keine akustischen Hilfsmittel, da kann er mit seinem verfremdungsfreien Flow auch so bestens überzeugen. On the road to stardom – zum Druckschluss gab es noch Karten für sein Konzert am Freitag in der Kantine am Berghain (Am Wriezener Bahnhof 70, 20 Uhr, 18,80 €).

Und es soll auch nicht immer nur von Männern die Rede sein. Die Klangwerkstatt bietet mit ihrem aktuellen Festival in diesem Sinne eine willkommene Gelegenheit. Im Kunstraum Bethanien kann man am Samstag jedenfalls ein Werk der ungarischen Komponistin Adriana Hölszky hören, die im Verhältnis zu ihrer Bedeutung eigentlich viel zu selten in dieser Stadt zu hören ist. „Wirbelwind“ für vier Schlagzeuger ist eine Raumkomposition mit vielversprechendem Titel, und das ausführende Ensemble BeatLab ist zumindest paritätisch männlich und weiblich besetzt (Mariannenplatz 2, 16 Uhr, komplettes Programm unter www.klangwerkstatt-berlin.de).