Die Frage aller Fragen

PRESSEFREIHEIT Viel Energie verwendet die Linksfraktion derzeit auf kleine Anfragen zum Thema kleine Anfragen: Sie will damit unterbinden, dass die Senats-Antworten in der Zeitung stehen, bevor sie die hat

Die Frage steht im Raum, aber „Sie werden von mir nicht hören“, sagt Leo Schmitt, „dass ich vom Senat schärfere Kontrollen verlange“. Leo Schmitt ist Fraktionsgeschäftsführer von Die Linke in der Bürgerschaft. Deren Vorstand hat, zum zweiten Mal, eine kleine Anfrage zum Thema kleine Anfragen unterzeichnet. Bei der ersten dachte man noch: Ein unglücklicher Scherz (taz, 19. 11.) – schließlich fordert das Parteiprogramm, die Pressefreiheit zu stärken. Aber die zweite Anfragen-Anfrage signalisiert: Das war kein Ausrutscher.

Beide sind als Beschwerden darüber zu lesen, dass „fast regelmäßig“ die Regierungsantworten „in verschiedenen Zeitungen nachzulesen sind“, bevor sie der Senat beschlossen hat, „geschweige denn den FragestellerInnen zugeleitet“. Ein Missstand, findet die Fraktion, die laut Schmitt einmütig hinter der Anfrage steht. Er sieht den Senat in der Pflicht: „Die haben dafür zu sorgen, dass wir die Antworten zuerst haben.“ Und wie, wenn nicht durch rigide Kontrollen? „Das ist mir grad’ egal.“ Darin eine Attacke auf die Pressefreiheit zu sehen hält Schmitt für „arg weit hergeholt“.

Ansichtssache. Denn Pressefreiheit hat zwei Seiten: Die publizistische funktioniert nur, wenn Informationen fließen – aus möglichst vielen Quellen und durch möglichst viele Kanäle. Folglich irritiert der Vorstoß auch Friedrich Siekmeier von der Journalisten-Gewerkschaft DJU. „Ich verstehe nicht, was die Fraktion problematisieren will“, sagt er der taz. „Es sollte für Medien selbstverständlich sein, dass sie recherchieren.“ Und logisch, relevante Ergebnisse auch veröffentlichen, „gleichgültig, ob Betroffene und Beteiligte das gutheißen oder nicht“. Ähnlich die Landesvorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes, Regine Suhling: „Medien sollten die Möglichkeit haben, mit Hilfe von Informanten frühzeitig an Informationen zu kommen.“ Und da ist es günstiger, wenn die „ohne Angst vor Repressalien beispielsweise in der eigenen Behörde“ der Presse Neuigkeiten stecken können.

Denn selbstverständlich bekommt die Presse Antwort-Entwürfe nicht auf offiziellem Weg. Wenn beispielsweise die Linksfraktion wissen will, warum die Firma Lite Life ihr für den Stand beim autofreien Sonntag „Kosten quasi auf Zuruf in Rechnung gestellt“ habe, dann muss der Verkehrssenator die Wirtschaftsförderung Bremen konsultieren und diese sich wiederum bei Lite Life erkundigen – bis feststeht, dass „Die Höhe der Standkosten den Betroffenen bereits im Vorfeld der Veranstaltung schriftlich mitgeteilt worden“ war, auch der Linksfraktion also. Bevor der Senat die Antwort beschließt – das wird wohl heute sein – ist auch die Antwort durch sicher 20 Hände gewandert. Macht zehn Personen mindestens, die sich darüber beömmeln konnten, dass Schmitts Buchhaltung etwas in Unordnung geraten zu sein scheint. Und der Witz ist laut Freud die sozialste aller auf Lustgewinn zielenden seelischen Leistungen. Sprich: Man erzählt ihn gerne weiter.

Blöd wäre, wenn man da außen vor bliebe – also eben nicht, wie die Presse, Kontakt in die Behörden hätte. Aber das ist laut Schmitt nicht der Fall. „Wir“, sagt er, „kriegen unsere Informationen von überall her.“ Wo denn denn dann die Pointe liegt, der Clou? „Sie hat keinen“, sagt Schmitt. Na dann. BES