piwik no script img

Berliner SzeneMieterberatung

Kaltwasser

Ihm zuzuschauen war wie ein span­nender Krimi

Jedes Jahr dieser Ärger mitder Betriebskostenabrechnung! 254,78 Euro Nachzahlung will die Hausverwaltung dieses Mal. Das kann unmöglich sein. Weil mich all die Zahlen überfordern, bin ich heilfroh, dass es kostenlose Mieterberatungen gibt, die solche Abrechnungen überprüfen. Immer, wenn ich in dem altehrwürdigen backsteinernen Gebäude in der Sonntagstraße in Friedrichshain bei der Mieterberatung war, wurde mir schnell und kompetent geholfen. Ich erfuhr, was falsch berechnet war und wie ich den Widerspruch formuliere.

Dieses Mal begrüßte mich ein unauffälliger freundlicher Mann mit Brille. Ich gab ihm die aktuelle Abrechnung und die vom Vorjahr. Sofort beugte sich der Jurist über die Papiere, scannte sie mit seinen Augen, arbeitete still und hochkonzentriert, die Arme vor sich auf dem Tisch verschränkt. Eins, zwei Mal schüttelte er den Kopf. Ich wertete das als ein Indiz für einen Abrechnungsfehler. „Ach nee“, sagte er und ich quiekte innerlich vor Freude. Er blätterte zurück, wieder vor, schüttelte erneut den Kopf und bemerkte dann: „Das verstehe ich nicht.“ Das tat meiner Zuversicht keinen Abbruch, der Mann würde den Fehler finden, da war ich sicher. Er blätterte noch einmal vor, noch einmal zurück, nahm Zeilen ins Visier, Tabellen auseinander. Ihm zuzuschauen war wie ein spannender Krimi mit einem ganz und gar uneitlen Protagonisten. Da entfuhr ihm, unaufgeregt, ein einziges Wort: „Ach.“ Mein Herz machte einen Freudensprung. „Jetzt hab ich’s.“ Er lehnte sich zurück und erklärte mir, dass die Hausverwaltung das Kaltwasser nicht nach dem Verbrauch berechnet, sondern auf die Quadratmeter der Wohnung umgelegt habe. „Das ist nicht zulässig.“

Im Handumdrehen hatte der Mann mein Problem gelöst. Ich gab ihm die Hand und bedankte mich herzlich.

Barbara Bollwahn

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen