"Es wird
noch mehr
Tote geben"

DIE DREI FRAGEZEICHEN

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Was? Die Große Koalition plant Aufnahmelager und beschleunigte Asylverfahren.

1 Was bringen Eilverfahren für Flüchtlinge?

Günter Burkhardt:Damit wird Tausenden Menschen der Zugang zu einem fairen Verfahren verwehrt. Und es wird eine Regelung geschaffen, die man nach Gutdünken auf weitere Flüchtlingsgruppen ausweiten kann. Vielen, die ohne gültige Papiere einreisen, könnte eine „fehlende Mitwirkungsbereitschaft“ unterstellt werden. Es droht eine Massenablehnung ihrer Anträge.

2 Horst Seehofer wollte Afghanistan und weiter Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Ohne Erfolg. Gut so?

Ja, aber das neue Eilverfahren ist potentiell für eine große Gruppe von Menschen angelegt. Flüchtlinge aus Afghanistan stellen die zweitgrößte Gruppe unter den Asylsuchenden. Bisher werden sie zu fast 80 Prozent als schutzbedürftig anerkannt. Aber die Bundesregierung will, dass ihre Asylanträge vermehrt abgelehnt und mehr von ihnen abgeschoben werden – trotz der zusehends schwierigeren Menschenrechts- und Sicherheitslage in Afghanistan.

3 Für viele Flüchtlinge wird der Familiennachzug ausgesetzt. Welchen Effekt erwarten Sie?

Das wird kurzfristig gerade Frauen und Kinder vermehrt in die Boote treiben. Wer kann, versucht, Europa zu erreichen, bevor es zu spät ist – auch im Winter. Die Zahl der Toten wird steigen. Schon in den letzten Wochen sind Dutzende von Frauen, Kindern und Babys in der Ägäis gestorben – oft Menschen mit Verwandten in Deutschland. Wer legale Wege kappt, fördert das Massensterben.

INTERVIEW:Daniel Bax

Günter Burkhardt ist Geschäftsführer von Pro Asyl. Er lebt in Frankfurt am Main.