Rechter, der Rechten zu links ist

USA Paul Ryan, der ehemalige Vizepräsidentschaftskandidat Mitt Romneys bei den Wahlen 2012, wird wohl neuer republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses

Auf dem Weg nach oben: Paul Ryan wird wohl die neue Nummer drei der USA Foto: Jonathan Ernst/reuters

Aus New York Dorothea Hahn

In Washington gilt Paul Ryan trotz seiner erst 45 Jahre schon lange als Mann mit potenziell großer Zukunft. In dieser Woche könnte er ein Stück davon realisieren. So wie es aussieht, werden die RepublikanerInnen ihn am Mittwoch als Speaker für das im Repräsentantenhaus vorschlagen; und wird ihn am Donnerstag die Kammer auf den Posten wählen.

Damit stiege der Politiker aus Wisconsin auf in die dritte Position in den USA. Falls der Präsident und sein Vize ausfallen, wird der Speaker der Chef des Landes. Doch so attraktiv die Position klingt, so zermürbend ist sie im Alltag.

Konkret bedeutete das für den scheidenden Speaker John Boehner, dass seine Auseinandersetzungen mit den eigenen „Parteifreunden“ mindestens genauso heftig waren wie mit der demokratischen Regierung von Barack Obama. Immer wieder bekämpften radikal rechte Republikaner den Speaker.

Im Herbst 2013 legten sie mit ihrer Blockadepolitik nicht nur die eigene Partei, sondern auch die Regierung der USA für mehr als zwei Wochen lahm. Sie stimmten für ein Shutdown, das den Haushalt komplett blockierte. Ende September kündigte Boehner an, dass er aussteigt.

Die Suche nach einem Nachfolger für ihn zeigt, dass die Blockadekräfte vom rechten Rand der Republikanischen Partei ungebrochen sind. Kevin McCarthy, der für die Position als sicher galt, ist bereits an dem Freedom Caucus gescheitert. Der lockere Zusammenschluss von Abtreibungsgegnern, Klimawandelleugnern und fundamentalistischen Christen im Repräsentantenhaus verlangte mehr Geld, mehr Posten und mehr Mitsprache. Als sie das nicht bekamen, brachten sie McCarthys Kandidatur zu Fall.

Paul Ryan ist ein erzkonservativer Mann. Er bezeichnet die ziemlich rudimentäre Sozialversicherung der USA als ein „System, das auf dem Sozialismus“ basiert. Und er verpflichtet seine Mitarbeiter, die Texte der rechts-libertären Theoretikerin Ayn Rand zu lesen. Ihre Prinzipien, so Ryan, verteidigen am besten die „Moralität des Kapitalismus“. Die sei nämlich, so meint er, bedroht.

Zu einer Kandidatur für die Position an der Spitze des Repräsentantenhauses musste Ryan erst gedrängt werden. Er hatte andere Pläne. 2012 kandidierte er unter Mitt Romney für den Posten als Vizepräsident der USA. Nachdem die beiden scheiterten, zog Ryan sich in die Haushaltspolitik zurück. Dadurch erwarb er sich den Ruf als einer, der in der Lage ist zu verhandeln und Kompromisse zu schließen. Dafür ist er zwar vielen Tea-Party-Anhängern suspekt. Doch er genießt den Respekt in den weniger rechten Teilen seiner Partei sowie von zahlreichen Demokraten.

Die rechtslibertäre Ayn Rand verkörpert für ihn die „Moralität des Kapitalismus“

Im Vorfeld seiner Kandidatur als Speaker schaffte Ryan es, bei Verhandlungen hinter verschlossenen Türen auch einen Teil des Freedom Caucus hinter sich zu bringen. Parallel dazu hat in den zurückliegenden Wochen der scheidende Speaker Boehner im Repräsentantenhaus den Weg für Ryan geebnet.

Noch in der Nacht zu Dienstag handelte Boehner mit dem Weißen Haus ein Haushaltspaket für den Rest von Obamas Amtszeit aus. Es würde einen neuerlichen Shutdown verhindern. Das Paket liegt dem Repräsentantenhaus am Mittwoch zur Abstimmung vor. Einen Tag vor der Wahl von Ryan.

Sollte es durchkommen, käme es nicht gleich zu Anfang seiner Amtszeit zum Eklat. Vor seiner Partei hat Ryan erklärt: „Wir sind zum Problem geworden“, und angekündigt, dass er versuchen will, „die Lösung“ zu sein.