Wo die Blase platzt

WISSEN Ist die Popgeschichte ein Thema für Historiker? Dieser Frage widmet die Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte eine Vorlesungsreihe

Dass der Pop einer ausgerechnet akademischen Würdigung bedürfte, das wird sich so erst mal nicht jedem aufdrängen. Für die, die sich dafür interessieren, einfach so, wie man so sagt, oder gar als Fans: Macht es für die einen Unterschied, wie viele Regalmeter in irgendeiner Uni-Bibliothek das Thema „Populäre Kultur“ einnimmt? Sagt das am Ende überhaupt etwas aus über die „populäre Kultur“ – oder nicht vielmehr über Akademien und Hochschulen, ja: die Wissenschaft?

Mit einer Frage überschreibt auch die Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte ihre Vortragsreihe: „Pop – Ein neues Konzept für die Zeitgeschichte?“ Und nimmt zum Ausgangspunkt eine These ihres ersten Referenten, Bodo Mrozek, lange als Journalist unterwegs und unter anderem Mitherausgeber zweier Grundlagenwerke zur „Popgeschichte“: Der schrieb auf dem zeithistorischen Blog docupedia.de: „Pop bzw. das Populäre hat in den vergangenen Jahren auch im akademischen Diskurs stark an Gewicht gewonnen.“ Nachdem sich vielleicht naheliegendere Disziplinen, „Kultur-, Musik- und insbesondere die Literaturwissenschaften“, damit befasst hätten, tue das inzwischen eben auch die Geschichtswissenschaft.

Wenn Mrozek, dessen Vortrag am Donnerstag von „Lärmmaschinen und Geräuschathleten“ handeln wird, „Pop“ und das „Populäre“ mal eben zusammen zieht, stecken wir freilich mitten drin in den Rangeleien um Begriffe und Konzepte und Forschungsgegenstände: Erkennt man im Pop nur das zusammengeschnurrte Populäre, also Volkstümliche, dann hätte es kein Historiker der Welt mit etwas Neuem zu tun: Dann wäre Techno eigentlich auch nur anders in Szene gesetzter Minnesang.

Das aber fällt auf beim Blick ins Programm der Reihe: Pop wird manchmal zur Popmusik präzisiert, manchmal nicht. Um die Verwandtschaft der Pop- mit der Massenkultur und beider Verhältnis zur Hochkultur geht es am 12. November bei Kasar Maase. Detlef Siegfried hat am 26. November das Verhältnis von Pop und Politik in der Bundesrepublik im Blick. Neben solchen, grundsätzlicher anmutenden Programmpunkten gibt es auch Abende zu modischen Umdeutungen des Hässlichen durch Punk und Folgende (10. Dezember) oder den „‘Krautrock‘ in den 1970er Jahren“.

Ganz am Ende dann hat die Forschungsstelle einen Theoretiker und Praktiker eingeladen, für den „Pop“ kaum bloß ein kastriertes „Volks-“ bedeuten wird: Mit dem Autor, DJ und „Freiwillige Selbskontrolle“-Musiker Thomas Meinecke sitzt am 11. Februar einer auf der Bühne (allerdings der des „Golem“ am Hafen), der, ganz im Geist von 1982, auch um den Wert des Kaugummihaften, des Künstlichen weiß: Pop ist, wenn die knallrosafarbene Blase platzt! ALDI

ab 29. Oktober, FZH, Beim Schlump 83, Hamburg

Weitere Infos und Programm: www.zeitgeschichte-hamburg.de