Die Krise der Koalition

Erst donnert CSU gegen CDU. Dann einigt sich die Union. Jetzt ist die SPD schuld. Die kontert

Seehofer geht auf Kuschelkurs

CSU/CDU Der bayerische Ministerpräsident äußert sich zufrieden über den Unions-Plan für Transitzonen und will Angela Merkel niemals ein Ultimatum gestellt haben

Über die Brücke nach Deutschland: Asylsuchende überqueren den Inn zwischen Schärding und Neuhaus. Horst Seehofer sagt über Einreisende: „Die beste Obergrenze ist null“ Foto: Daniel Biskup

Aus München und Berlin Dominik Baur undAnja Maier

Sehen so Siege aus? Ja – zumindest wenn man CSU-Chef Horst Seehofer zuhört. „Aus unserer Sicht haben wir alles erreicht, was zu erreichen war“, kommentierte Seehofer am Montag nach der CSU-Vorstandssitzung den Berliner Flüchtlingsgipfel vom Wochenende. CDU und CSU hatten am Sonntag ein gemeinsames Papier verabschiedet, das als dringlichste Maßnahme die Errichtung von Transitzonen für schnelle Asylverfahren vorsieht. Zudem will die Union den Familiennachzug für Flüchtlinge begrenzen und mit Österreich für die Polizeiarbeit ein gemeinsames Polizeizentrum einrichten.

„Wir haben nicht gesagt, dass dann innerhalb von zwei Tagen alles funktioniert“, sagte Seehofer dazu. Den Zwist mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel hat es aus Seehofers Sicht nie gegeben: „Keine Drohung, kein Ultimatum, keine Unzufriedenheit!“

Das wichtigste Ergebnis aus Seehofers Sicht: eine klare Priorisierung im weiteren Vorgehen. Und das bedeutet für ihn eine schnelle Abschiebung von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsländern, also vom Balkan. Alles andere sei momentan nachrangig. Dafür seien Transitzonen der richtige Schritt. Den Vorwurf des Koalitionspartners SPD, es handele sich dabei de facto um Haftanstalten, wies Seehofer zurück. Der Aufenthalt dort sei auf einige Wochen begrenzt, die Menschen dürften jederzeit ausreisen. Nur eben nicht einreisen. Das sei schon jetzt beim Abschiebeverfahren an Flughäfen üblich.

Der Frage, was mit der geforderten Obergrenze für den Flüchtlingszuzug sei, wich Seehofer aus. „Die beste Obergrenze ist null“, sagte der Politiker nur – und dass die Menschen da bleiben sollten, wo sie sind. Große Hoffnung setze er auf Gespräche mit der Türkei und auf den EU-Afrika-Gipfel am 11. November.

Angesichts der feindseligen Signale, die Seehofer zuletzt Richtung Berlin ausgesandt hatte, nimmt sich das sechsseitige Positionspapier der Unionsparteien nicht wirklich als der gewünschte Kotau der Kanzlerin vor dem Kollegen im Süden aus. Aber natürlich wird es in der CSU nun so dargestellt. Auch für die Parteibasis gab es beruhigende Worte: „Ich werde morgen gemeinsam mit der Kanzlerin in die Bundestagsfraktion gehen, auch gemeinsam vor die Presse“, kündigte Seehofer an. „Das sind dann schon alles Signale, die weit über Bayern hinaus Wirkung haben und die die Reduzierung der Flüchtlingszahlen ganz klar auch zum Inhalt haben.“ Mit anderen Worten: Wenn ich neben Merkel stehe, werden es sich die Flüchtlinge zweimal überlegen, ob sie tatsächlich nach Deutschland kommen wollen.

„Aus unserer Sicht haben wir alles ­erreicht, was zu erreichen war“

Horst Seehofer

In Berlin war man am ­ Montag bemüht, sowohl den Konflikt zwischen der CSU und der CDU als auch den mit dem Koalitionspartner SPD herunterzukochen. In der Regierungspressekonferenz sagte Angela Merkels Sprecher Steffen Seibert, er rechne mit einer Einigung in der Flüchtlingsfrage. „Sorgen müssen Sie sich nicht machen!“, antwortete er auf die Frage eines Journalisten zum Zustand der Koalition.

Über das Thema Transitzonen würde nun bis zum Donnerstag auf Fachebene gesprochen, anschließend kämen die drei Parteivorsitzenden erneut zusammen. Auf die Frage, ob Merkel Wartezonen in Grenznähe auch gegen die SPD durchsetzen wolle, sagte Seibert: „Das ist keine Regierung, die auf Landgewinne des einen gegenüber dem anderen ausgerichtet ist.“

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund appellierte an die Koalitionspartner, sich schnell zu einigen. Ob sich die Regierung am Ende auf Transitzonen oder auf Einreisezentren verständigt, sei unwichtig, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg: „Ich sehe da ehrlich gesagt gar nicht so einen Riesenunterschied.“