Leuchten der Menschheit von Barbara Bollwahn
: BND sammelt Witze

Beim Bundesnachrichtendienst hat man gerade mal wieder nicht viel zu lachen. Der Umzug von Pullach nach Berlin soll 450 Millionen Euro mehr kosten als geplant, wegen der Affäre um Spionageaktionen bei befreundeten Staaten fordern Geheimdienstkontrolleure des Bundestags Radikalreformen in der Behörde.

Bis zum Fall der Mauer hatten die Spione immerhin ab und an was zu lachen. Zweimal im Jahr gaben sie – am Rosenmontag und am 11. November – politische Witze, die sie aus der DDR gesammelt hatten, an das Bundeskanzleramt weiter. Mehr als 400 politische Witze über das Politbüro, das Zentralkomitee, die Versorgungslage hat der BND zwischen 1969 und 1990 zusammengetragen. ­„Ausgelacht“ ist der Titel des im Ch. Links Verlag erschienenen Buchs.

Herausgeber sind Hans-Hermann Hertle, Historiker am Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung, und Hans-Wilhelm Saure, Bild-Chefreporter. „Geheimagenten, die Witze sammeln. Das klingt wie ein Scherz“, schreiben sie in der Einleitung, „ist aber keiner.“ In den frühen Jahren der DDR galten sie als staatsfeindliche Hetze und wurden mit Gefängnis bestraft. In den 1960er und 1970er Jahren gab es einen „milderen“ Umgang, später wurden Inhaftierungen durch Befragungen, Belehrungen und Verwarnungen ersetzt. Gegen Parteimitglieder wurden „parteierzieherische Maß­nahmen“ verhängt.

Je näher das Ende der DDR rückte, umso schonungsloser wurden Honecker und Co vom Volk ausgelacht. „Was ist besser, Sozialismus oder Sex? Sozialismus, da kann man länger stöhnen.“ Oder: „Wenn man in der DDR mit einer Schubkarre voll Geld daherkommt, dann fragen die Leute nicht, woher man das Geld hat, sondern woher man die Schubkarre hat.“ Die Herausgeber haben den BND gefragt, ob er sich die Witze selbst ausgedacht hat, um die DDR zu destabilisieren. „Nein!“, lautet die kategorische Antwort. Die Akten über die Witze wurden zwar bereits 2009 freigegeben, aber erst im März 2015 wurde die Geheimhaltungsstufe „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ aufgehoben.

Die Autorin ist Schriftstellerin und lebt in Berlin