Stärke zeigen vor möglichen Friedensverhandlungen?

Kolumbien Neue Kämpfe zwischen ELN-Guerilla und Militär lassen Spielraum für Interpretationen

Bislang blieben die Sondierungen bei Willensbekundungen

BUENOS AIRES taz | Während die Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation Farc Früchte tragen, kommt eine Annäherung zwischen Regierung und der zweitgrößten Guerilla ELN scheinbar nicht voran. Im Gegenteil. Am Montag griff das Ejército de Liberación Na­cio­nal (ELN) eine Militär­einheit an und tötete nach eigenen Angaben 17 Soldaten und einen Polizisten. Zwei Soldaten wurden entführt. Die Regierung hatte zunächst 12 Tote gemeldet.

In ihrem Kommuniqué nann­te die Guerilla als Grund „den hohen Grad der Militarisierung und Repression im ganzen Land“. Die Aktion stünde nicht im Widerspruch zur ihrer Friedensbereitschaft, und die zwei gefangenen Soldaten würden bald freigelassen werden, so die ELN.

Am Dienstag setzte Präsident Juan Manuel Santos Armee und Luftwaffe in Bewegung, Letztere flog bereits mehrere Angriffe gegen vermeintliche Stellungen und Lager der ELN.

Nach Angaben der Regierung konnten zwei an dem Angriff vom Montag beteiligte Guerilleros gefangengenommen werden. Offen blieb, ob eine für Mittwoch angesetzte Gesprächsrunde zwischen Regierung und ELN stattgefunden hat.

Parallel zu den Friedensgesprächen zwischen Regierung und Farc, sondieren Regierung und ELN seit nunmehr zwei Jahren die Möglichkeit, ebenfalls Friedensgespräche aufzunehmen. Doch über mehr als wohlmeinende Willensbekundungen kamen beide Seiten nicht hinaus.

Spekuliert wird darüber, ob die bewaffneten Aktionen zwischen der Armee und der ELN zugenommen haben oder lediglich augenscheinlicher werden, weil zwischen Armee und Farc eine relative Ruhe herrscht.

„Man sollte die großen Fortschritte zwischen Regierung und ELN nicht verkennen“, sagt hingegen der frühere Staatsanwalt Jaime Bernal Cuéllar, der im vergangenen Jahr von Präsident Santos in die Sondierungskommission mit der ELN berufen wurde. Möglicherweise wolle die ELN einfach ihre militärische Stärke beweisen, um für die bessere Bedingungen am Verhandlungstisch zu sorgen. „Der Dialog ist ganz nah“, sagt Bernal Cuéllar. Jürgen Vogt