„Allmählich abenteuerlustiger“

JAZZ Patsy Craig produziert seit vielen Jahren Jazz-Veranstaltungen in London. Ab heute präsentiert sie in Berlin die erste Ausgabe des „Maggie Black’s Jazz Rub Festival“ im Zig Zag Jazz Club in Friedenau

Patsy Craig nutzt ihre Kontakte zu Musikern in New York Foto: Kelly Campbell

Interview Franziska Buhre

taz: Frau Craig, wer kam auf die Idee, in Berlin ein neues Jazzfestival ins Leben zu rufen?

Patsy Craig: Unser Team besteht aus Maggie Black, deren Namen das Festival trägt, dem Altsaxofonisten Zhenya Strigalev, der auch im Programm vertreten ist – und mir. Black engagiert sich in London seit über zehn Jahren für Jazz und unterstützt jetzt auch das Festival in Berlin. Strigalev ist nicht nur an seiner eigenen Karriere gelegen, sondern auch an der Entwicklung der Jazzszene in London. Ich habe dort viele Jazz-Veranstaltungen produziert, in Zusammenarbeit mit Clubs und Festivals, aber immer unabhängig von institutionellen Zugängen zur Musik – diese Möglichkeit habe ich zum Glück.

Was haben die Jazzszenen in London und Berlin aus Ihrer Sicht gemeinsam?

Jazz ist eine amerikanische Kunstform, in Europa gründet er auf ganz anderen Spuren. Ich glaube, hier ist die Verbindung zwischen Wurzeln in der klassischen Musik und Improvisation stärker. Das amerikanische Idiom wird mitunter abgelehnt, hier ist Jazz vielleicht weniger an Groove und Swing ausgerichtet. Anstatt ihn als bestimmtes Genre zu identifizieren, ist der Zugriff auf die Musik in Europa viel freier.

Vielleicht gibt es deswegen in London und Berlin so starke Szenen der frei improvisierten Musik. Seit Jahren ziehen MusikerInnen aus London nach Berlin. Die Internationalität der hiesigen Szene und die Vielzahl von musikalischen Talenten ist bemerkenswert. Ich lerne immer noch dazu, wie sich MusikerInnen in Deutschland und Berlin dem Jazz annähern.

Woher kommt Ihr persönlicher Zugang zur Musik?

Mein Hintergrund ist die bildende Kunst, ich habe Malerei in New York studiert, woher ich auch komme. Ich möchte beide Welten verbinden, denn in der Kunst wird Musik oft nur benutzt und nicht mit einbezogen. Jemand wie der Pianist Jason Moran, mit dem ich auch zusammenarbeite, beginnt gerade, diese Welt zu infiltrieren. Und so verstehe ich auch mein Tun.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Jazzszene in Berlin?

Seit fast einem Jahr. Ich bin sehr gut befreundet mit Kurt Rosenwinkel [Gitarrist, Professor am Jazz-Institut Berlin, d. Red.], und er riet mir schon lange, hier ­etwas zu veranstalten. Er repräsentiert eine Verbindung zur New Yorker Jazzszene, außerdem treten beim Festival ­Johanna Weckesser und Igor Osypov auf, die beide bei ihm studieren. Bei meinen eigenen Nachforschungen bin ich auf den Tenorsaxofonisten Philipp Gropper und den Altsaxo­fonisten Wanja Slavin gestoßen. Und ich habe den Zig Zag Jazz Club entdeckt, der relativ neu ist. Mir gefiel die Idee, ein ­Programm mit Musikern von Weltklasse an einem anderen Ort zu präsentieren als den etablierten.

Wie haben Sie die Programmierung konzipiert?

Wir wollten den New Yorker Schlagzeuger Jochen Rückert einbinden, also nahm das Programm ausgehend von seinem Zeitplan Gestalt an. Außerdem nutze ich meine eigenen Kontakte zu Musikern in New York. Mit dem Tenorsaxofonisten Mark Turner, dem Schlagzeuger Nasheet Waits und dem Bassisten Eric Revis arbeite ich schon lange zusammen. Letzterer tritt jetzt mit seinem eigenen Projekt auf. Ich möchte den internationalen Austausch zwischen Musikern fördern und so die hiesige Szene unterstützen. Die Interaktion der Musiker untereinander ist die Basis für unsere Programmgestaltung. Wir wollen eine angenehme Atmosphäre schaffen, kein formales Szenario, in dem Musiker und Zuhörer kommen und gehen.

Im Programm ist von 13 Acts nur eine Band von Frauen vertreten. Warum?

Maggie Black’s Jazz Rub Festival, 28. Oktober bis 2. November, Zig Zag Jazz Club, Hauptstraße 89, Berlin-Friedenau. Tickets ab 15 € (13 € ermäßigt) gelten für alle Konzerte an einem Tag. Info: zigzag-jazzclub.berlin

Das ist schrecklich, ich weiß. Immerhin ist Johanna Weckesser, die mit Zola Mennenöh auftritt, auf dem Plakat abgebildet, fast wie ein Versprechen, dass in meinen zukünftigen Programmen mehr Musikerinnen präsent sein sollen.

Haben Sie keine Bands von Frauen gefunden?

Die Jazzszene wird nun einmal von Männern dominiert. Ich habe nicht genügend Projekte von Frauen gesehen. Nun sind es jene, die mir begegnet sind und gefallen haben. Einerseits sollte man über das Geschlechterverhältnis nachdenken, andererseits aber nur an Musik. Ich habe mich nicht bewusst nur für Männer entschieden. Aber in Zukunft will ich mehr Musikerinnen einbinden.

Haben Sie Pläne über dieses erste Festival hinaus?

Wir möchten das Festival unter Maggie Blacks Namen einmal im Jahr und in Städten rund um die Welt veranstalten. Ich habe eine Idee für eine Ausstellung mit Live-Musik. Und ich möchte mich mehr der Architektur in Berlin widmen und vielleicht ein Festival an ungewöhnlichen Orten ausrichten. Meine Projekte werden allmählich noch abenteuerlustiger.