Press-Schlag
: Lizenz zum Dummschwätzen

Einer hat noch gefehlt: Endlich hat sich „Kaiser Franz“ zum Sommermärchen-Skandal um die ominöse 6,5-Millionen-Euro-Zahlung geäußert. Was er sagt, wirft allerdings mehr Fragen auf als es beantwortet

Schau an, der Kaiser hat gesprochen – um gleich wieder zu schweigen: „Um die weiteren Befragungen nicht zu beeinträchtigen, werde ich mich anders als andere Beteiligte, deren Verhalten ich teilweise als unsäglich empfinde, derzeit nicht weiter äußern.“ Kein falscher Fuffziger will er sein, unser Franz Beckenbauer, sondern einer, der sagt, wie es ist. Vier Stunden lang haben ihn Vertreter der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer befragt, im Auftrag des DFB.

Der Kaiser im Wortlaut: „1. Es wurden keine Stimmen gekauft, um den Zuschlag für die Fußballweltmeisterschaft 2006 zu bekommen.“ Über so einen Kleinkram, ob man das Gewähren von Gefälligkeiten unter der Rubrik „gekauft“ verbuchen sollte, äußert er sich nicht. Aber er gibt Fehler zu: „2. Um einen Finanzierungszuschuss der Fifa zu erhalten, wurde auf einen Vorschlag seitens der Fifa-Finanzkommission eingegangen, den die Beteiligten aus heutiger Sicht hätten zurückweisen sollen. Für diesen Fehler trage ich als Präsident des damaligen Organisationskomitees die Verantwortung.“

Für diesen Fehler? So, wie es in Beckenbauers knapper und wortkarger Erklärung steht, die er am Montagabend verteilen ließ, findet sich kein Fehler: Angeblich hat die Fifa nur einen Vorschlag gemacht, auf den Beckenbauer und Co. eingegangen sind. Das Problem: Die Fifa bestreitet, jemals zehn Millionen Franken gefordert zu haben, um ihren 250-Millionen-Franken-Zuschuss zu zahlen.

Laut Beckenbauer-Intimus und Noch-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach soll die Forderung, die Beckenbauer jetzt zum „Vorschlag“ kleinredet, in einem Vieraugengespräch zwischen Blatter und dem Kaiser erhoben worden sein. Nach Beckenbauers neuester Einlassung ist Blatter jedoch aus dem Spiel und die Fifa-Finanzkommission, die laut Angaben des Weltfußballverbandes über gar kein Konto verfügt, soll plötzlich um das Geld gebeten haben.

Wenn es diese Forderung wirklich gegeben hat, wäre die nächste Ungereimtheit, der sich der Herr „Präsident des damaligen Organisationskomitees“ stellen müsste, ob und warum dann privat um dieses Geld gebettelt wurde: erst wollte nach Angaben von Noch-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach der Kaiser selbst einen Teil seines Privatvermögens geben, dann wurde angeblich beim mittlerweile verstorbenen Ex-Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus erfolgreich geschnorrt.

Kurz und gut: Was Beckenbauer mit seiner sparsamen Erklärung erreicht hat, taugt nicht mal ansatzweise dazu, die Diskussion um das „Sommermärchen“ und seine Finanzierung zu beenden. Die alten Fragen bleiben, neue Fragen tauchen auf, und die präsentierten Antworten taugen nichts – das ist doch offensichtlich. Weil aber Franz Beckenbauer und seine Berater nicht so dumm sein können, dass sie ernsthaft auf die Wirkung ihrer Mitteilung vertraut haben, erweist sich eine andere Deutung als wahrscheinlicher: Beckenbauer und seine Berater vertrauen auf die gute alte Wirkung, die der Kaiser schon immer entfaltet hat, egal ob er über Arbeitssklaven in Katar schwadroniert oder über das nach der WM 1990 auf Jahre unbesiegbare Deutschland spricht.

Der Kaiser ist in Deutschland der Mann mit der Lizenz zum Dummschwätzen. Und der DFB versucht, indem ab jetzt Franz Beckenbauer alle Fragen zur WM 2006 beantworten soll, die „Sommermärchen“-Diskussion ins Gagareich zu überführen. Auch hier gilt: Wenn das einem gelingt, dann dem Franz.

Martin Krauss