Ein Sieg gegen den Monopolverband

RECHTSSTREIT Nach einem überraschenden Urteil des Bundesgerichtshofs muss der DOSB den Dreispringer Charles Friedek entschädigen, weil er nicht für Olympia 2008 nominiert wurde

Recht später Erfolg: Ch. Friedek Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Der Dreispringer Charles Friedek kann vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Schadenersatz verlangen, weil er 2008 nicht bei den Olympischen Spielen von Peking starten durfte. Das entschied nun der Bundesgerichtshof in einem überraschenden Urteil. Der DOSB habe damals seine Pflichten „schuldhaft verletzt“.

Charles Friedek war lange Jahre der dominierende Dreispringer in Deutschland. Er sammelte 17 deutsche Meistertitel, 1999 wurde er sogar zwei Mal Weltmeister in seiner Disziplin, sowohl in der Halle als auch im Stadion. An den Olympischen Spielen 1996, 2000 und 2004 nahm er jeweils teil und auch in Peking wollte er 2008 antreten.

Als Voraussetzung für eine Nominierung hatte der DOSB eine Weite von 17,10 Meter (A-Norm) gefordert oder „2 x 17 m“ als B-Norm. Bei einem Springer-Meeting in Wesel erreichte Friedek im Vorkampf eine Weite von genau 17 Meter und steigerte sich dann im Endkampf auf 17,04 Meter. Er war also zwei Mal mindestens 17 Meter gesprungen. Dennoch nominierte ihn der DOSB nicht für Olympia, denn die B-Norm sei so zu verstehen, dass die 17 Meter bei zwei verschiedenen Wettbewerben erreicht werden müssen.

Es folgte ein siebenjähriger Prozess-Marathon mit unterschiedlichen Urteilen von Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten. Dabei war aber unter den staatlichen Gerichten unumstritten, dass diese das letzte Wort haben müssen. Es gehe hier um die Entscheidung eines „Monopolverbands“, die eine für Berufssportler erhebliche ideelle und wirtschaftliche Bedeutung hat. Maßstab für die staatlichen Gerichte war dabei „Treu und Glauben“, Paragraf 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Frankfurt im Dezember 2013 gegen Friedek entschieden. Entscheidend sei, wie die Fachwelt die DOSB-Nominierungs-Richtlinien verstanden haben. Damals sei klar gewesen, dass die 17 Meter bei zwei verschiedenen Wettkämpfen erzielt werden müssen. So sei es auch international üblich gewesen. Und auch Charles Friedek sei zunächst von diesem Regelinhalt ausgegangen. Denn nach dem Weseler Meeting habe er eine Fristverlängerung beantragt, um bei einem weiteren Wettkampf die 17 Meter noch einmal zu erreichen. Erst als ihm das nicht geglückt war, argumentierte er mit der doppelten Normerfüllung in Wesel.

Doch der Bundesgerichtshof gab nun in letzter Instanz Charles Friedek recht und verwies auf den Wortlaut der Nominierungsrichtlinien. Dort war eben nicht die Rede von zwei verschiedenen Wettkämpfen. Die Nominierung von Charles Friedek konnte deshalb nach den DOSB-Richtlinien nicht wegen mangelnder Normerfüllung abgelehnt werden.

Friedek, der bereits im Jahr 2009 seine Karriere beendet hat, hat damit grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Die Höhe ließ der Bundesgerichtshof noch offen. Darüber muss jetzt das Landgericht Frankfurt/Main entscheiden. Friedek hatte 133.500 Euro als Ersatz für entgangene Sponsoren-, Preis- und Startgelder verlangt. Sein Anwalt Michael Lehner deutete nach dem Karlsruher Urteil an, dass es nun zu einer außergerichtlichen Einigung kommen könne.

Der Deutsche Leichtathletikverband ist der festen Überzeugung, dass derartige Streitigkeiten künftig ausgeschlossen sind. Die Nominierungsregeln seien jetzt eindeutig.

Christian Rath