Schonfrist für Jobs bei Infineon

Streik bringt Infineon-Beschäftigten keine Wende, sondern nur sanftere Abwicklung

MÜNCHEN taz ■ Der Chiphersteller und die IG Metall haben sich nach einer Woche Streik im Münchner Werk von Infineon auf einen Sozialtarifvertrag geeinigt. Das Werk wird demnach unter besseren Bedingungen als den bisher von Infineon angebotenen geschlossen. Die Schließung verschiebt sich auf Ende März 2007 – drei Monate später als geplant. Außerdem sollen die Mitarbeiter höhere Abfindungen erhalten. Eine Qualifizierungsgesellschaft werde zunächst weiter Beschäftigung bieten, sagte IG-Metall-Sprecher Siegfried Hörmann am Montag.

Die weiteren Aussichten sind für den Großteil der 800 Mitarbeiter jedoch düster. 3 oder optional 12 Monate können sie in der Auffanggesellschaft bleiben. Eine direkte Weiterbeschäftigung im Konzern ist aber wohl nur für 100 Mitarbeiter möglich. Der IG-Metall-Sprecher äußerte sich überzeugt, dass die rund Beschäftigten in einer Urabstimmung am Montagabend der Einigung zustimmen würden. Die Produktion wird wahrscheinlich in der Nacht zum Dienstag wieder aufgenommen.

IG Metall und Infineon zeigten sich zufrieden mit der Einigung, die den Mitarbeitern eine Abfindung in Höhe von 1,32 Monatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit zugesteht. „Nachdem die IG Metall ihre Forderungen nach einer Verzögerung des Schließungstermins fallen gelassen und auch die Forderung nach Qualifizierungsmaßnahmen signifikant reduziert hatte, war Spielraum für einen höheren Abfindungsfaktor“, erklärte Infineon-Manager Reinhard Ploss. Das Verhandlungsergebnis liege in dem von Infineon erwarteten Rahmen. Ursprünglich wollte das Unternehmen im Perlacher Werk mit 0,3 Monatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit abspeisen – ein Zehntel der Gewerkschaftsforderung. Das brachte die Gewerkschaft und Mitarbeiter auf die Barrikaden. Letzte Woche klagte Ploss gar vor Gericht, dass sich die Gewerkschaftsmitglieder immer wieder grob rechtswidrig verhielten: „Arbeitswillige sind durch Anspucken, Pöbeleien und Beleidigungen eingeschüchtert und teilweise mit körperlicher Gewalt vom Zutritt zum Werksgelände abgehalten worden.“ Infineon hatte versucht, Streikbrecher aus seinem Dresdner Werk nach München zu holen. Mit der Macht einer einstweiligen Verfügung und unter Polizeischutz brachte das Unternehmen „arbeitsbereite Konzernangehörige“ auf das Werksgelände.

Die aufgeheizte Stimmung gilt es nun bis zum endgültigen Betriebsschluss zu beruhigen. Ausgeschlossen sind rechtliche Konsequenzen für die Streikenden: „Wir haben eine Maßregelungsklausel durchgesetzt, die Gewerkschaftsmitglieder vor rechtlichen Konsequenzen nach dem Streik schützt“, erklärte IG-Metall-Sprecher Siegfried Hörmann. Das sei „äußerst wichtig“, habe es doch vor den Toren „schon heftige Szenen gegeben“. Die Produktion des Perlacher Werks sollen Fabriken in Regensburg sowie im österreichischen Villach übernehmen – ein Teil der Arbeiten fällt allerdings sowieso ersatzlos weg. „Spätestens in zwei Jahren brauchen wir diverse Chips die wir gerade herstellen, gar nicht mehr“, erklärt Infineon-Mann Gaugler.

MAX HÄGLER