„Dauerhafter Umbruch“

Diskussion über Rechtsextremismus-Studie

■ 44, ist Vertretungsprofessor für Sozialpsychologie und Organisationspsychologie an der Universität Siegen und Mitautor der Studie „Die Mitte im Umbruch“.

taz: Herr Decker, Ihre Rechtsextremismus-Studie heißt „Die Mitte im Umbruch“. Müssen wir uns Sorgen machen?Oliver Decker: Sorgen machen muss man sich immer. Die Demokratie ist nichts, das einmal erreicht wird und dann bestehen bleibt.

Worin besteht der Umbruch?

In einer beständigen Beschleunigung in der Gesellschaft. Wir haben es mit einer Gesellschaft zu tun, die auf dauerhaften Umbruch eingestellt ist, bei der die Krise zum Tagesgeschäft dazugehört. Wir haben untersucht, wie beständig das Fundament erschüttert, auf dem die Gesellschaft aufbauen muss.

Der Umbruch befördert den Rechtsextremismus in der Gesellschaft. Ist das Ihre These?

Ja. Die Studie ist im Sinn einer umfassenden Betrachtung gemeint. Die Beschleunigung selber gibt Auskunft über etwas viel Älteres: das Hin auf ein Morgen. Die beschleunigte Suche danach hat selbst ein messianisches Moment, das aus dem Christentum stammt. Die Gesellschaft kann erstaunlicherweise nicht auf ihre religiöse Grundstruktur verzichten. Wir leben immer noch in einer versteckt sakralen Gesellschaft.

Wie bringen Sie die sakrale Gesellschaft und den Kapitalismus zusammen?

Der Kapitalismus gibt mit seinem Wachstumsversprechen auch ein Heilsversprechen. Das beschleunigt: Es muss Wachstum geben. Es muss immer auf ein Morgen verwiesen werden, das das Heute legitimiert. Wir haben die Befürchtung, dass der beschleunigte Umbruch darauf hindeutet, dass dieser Zusammenhang nicht mehr trägt. Und dass der Rechtsextremismus deutlich zunimmt, wenn sich das offenbart.  INTERVIEW: KLI

Diskussion über die Studienergebnisse und Rechtsextremismus: 18.30 Uhr, Rathaus, Bürgersaal