Buddha ist ein Hund

SHANGAAN ELEKTRO Richard Methetwa alias Nozinja, engelhafter Doyen des südafrikanischen Elektropop, gastierte im Yaam

Zu Hause ist Nozinja ein Star, bei uns muss er noch für seinen Ruhm arbeiten

Er ist der Verkünder einer neuen Musik, und genauso sieht er auch aus. Richard Mthetwa aus Soweto, der sich Nozinja nennt, hat ungefähr die Figur von Buddha, an beiden Armen hat er sich bunte Federn befestigt, die ihm eine gewisse Engelhaftigkeit verleihen, und über seinen nackten Schädel wurde ein Stoffring gezogen, der aussieht wie ein Heiligenschein.

Ins Yaam sind dem Messias eines Musikstils, der sich Shangaan Electro nennt, weniger Leute gefolgt als erwartet. Es ist genügend Platz, was jedoch nicht schadet, da Shangaan Electro eine rhythmische Hochgeschwindigkeitsmusik ist, zu der man einfach ausladend tanzen möchte, auch wenn man dabei dauernd das Gefühl hat, sich zu den irre hämmernden Beats die Beine zu verknoten.

Nozinja, dessen Spitzname doch tatsächlich „dog“ – Hund – ist, beschränkt sich bei seinem Auftritt weitgehend auf seine Guru-Rolle. Milde lächelnd steht er hinten auf der Bühne, bearbeitet den Mixer, blickt auf sein Laptop und ruft zwischen den Stücken Launiges ins Publikum. Die wirkliche Arbeit überlässt er seinen beiden Tänzer- und Sängerinnen und dem Tänzer vor ihm, die dem erstaunten Publikum vorführen, wie zappelig man in Johannesburg zur wilden Musik von Nozinja tanzt.

Die Bühnenenergie überfordert das Berliner Publikum ein wenig. Zu ihrer Entschuldigung muss man allerdings sagen: Auch in Südafrika haben sie eine Weile gebraucht, bis sie verstanden haben, was für eine Musik sich Nozinja da ausgedacht hat.

Auch in Johannesburg löste dieser erst einmal einen Kulturschock aus. Er, Mitte 40, der vor seiner Karriere als Musiker ein paar Handyreparaturshops betrieb und jetzt mit seiner Frau ein Hotel besitzt, nahm sich die klassische Volksmusik aus der südafrikanischen Provinz Shangaan vor und unterzog sie einer radikalen Frischzellenkur.

Die ursprüngliche Shangaan- Musik wird eigentlich von mehreren Musikern gespielt, Gitarre und Drums sind sehr präsent, und in den Texten geht es meist um die positiveren Seiten des Lebens. Nozinja bastelte diese Shangaan-Musik an seinem Alleinunterhalter-Billigkeyboard nach, nahm Einflüsse der lokalen Kwaito-Musik hinzu, eines populären Hybrids aus US-Hip­Hop und House, und legte die Geschwindigkeitsmesslatte auf die höchstmögliche Stufe.

Das Ergebnis, Shangaan Electro klingt wie hochgepitchter House, der an einem Commodore 64 produziert wurde. Man hört schepprige Marimbaklänge aus Bits und Bytes, blecherne Tomtoms, quieckige Samples und dazu den Gesang der Tänzerinnen. Mehr urbaner Soundclash als bei Shangaan Electro geht nicht.

25 Alben in dem von ihm erdachten Stil hat Nozinja bereits produziert. In seiner Heimat ist er ein Star, bei uns muss er noch ein wenig für seinen Ruhm arbeiten. Das macht er am Ende seines Konzerts dann auch. Der Mann mit der Sumo-Ringer-Figur verlässt seine Kanzel, begibt sich an die Bühnenfront und tanzt noch ein wenig selbst zu den von ihm programmierten Beatspasmen. Der Fleischklops geht in die Knie, kreist lässig mit den Hüften, wackelt mit dem Hintern. Genau dafür, so scheint Nozinja jetzt noch persönlich demonstrieren zu wollen, hat er seine Musik erfunden. Andreas Hartmann