Zu viel
gebohrt

Norwegen Wurde ein Chefredakteur auf Druck des russischen FSB hin gefeuert?

Norwegens öffentlich-rechtlicher Rundfunk NRK behauptet, dass der Chefredakteur des Barentsobserver gefeuert wurde, weil Moskau Druck gemacht habe. Der Sender bezieht sich auf eine „hochrangige Quelle“ aus der Regierungsadministration. Danach habe der russische Geheimdienst FSB in Oslo interveniert: Die Veröffentlichungen auf der norwegischen Website belasteten die beiderseitigen Beziehungen und „das Problem müsse gelöst werden“.

„Ich habe keinen Grund, an dieser Quelle zu zweifeln“, meint der Betroffene selbst. Thomas Nilsen hatte am Montag letzter Woche eine Kündigung „mit sofortiger Wirkung“ erhalten. Seit 2009 war er Chefredakteur des Barentsobserver gewesen, einem im nordnorwegischen Kirkenes produzierten englischsprachigen Dienst, der sich auf Nachrichten aus der Barentsregion – Nordwestrussland und dem nördlichen Skandinavien – spezialisiert hat. Barentsobserver betreibt auch einen russischsprachigen Auftritt.

Und der ist Moskau schon länger ein Dorn im Auge. Speziell Thomas Nilsen deckte wiederholt Skandale zu Umwelt- und Atomsicherheitsfragen auf. Doch auch in Norwegen ist dessen kritische Berichterstattung zur Öl- und Gasförderung in der Arktis für viele unbequem. Seit dem Frühjahr gab es einen Konflikt zwischen der Redaktion und den Herausgebern (den drei nördlichsten norwegischen Regierungsbezirken) über die redaktionelle Unabhängigkeit der vom Außenministerium finanzierten Publikation.

Nilsen hatte in seiner Rolle als Chefredakteur die Weigerung des Herausgebers, diese Unabhängigkeit garantieren zu wollen, heftig kritisiert. Deshalb wird ihm als Kündigungsgrund „Illoyalität“ vorgeworfen. Mittlerweile schaltete sich Norwegens Außenminister Børge Brende ein: Man solle Barents­observer, wie gewünscht, die redaktionelle Unabhängigkeit garantieren. Reinhard Wolff