Die Verprellte

Sie hat die Niedersachsen-SPD kalt erwischt: Am Montag gab Sigrid Leuschner ihre Austrittserklärung auf die Post. Tags darauf präsentierte die 61-jährige Landtagsabgeordnete sich der Presse als neues Mitglied der Linkspartei. Vier Tage vor der Landtagswahl kommt der Wechsel der SPD denkbar ungelegen. 42 Jahre gehörte Leuschner ihr an, fast 20 davon als Landtagsabgeordnete. Und zum Abschied gibt sie den Genossen ordentlich einen mit.

Die erfuhren von Leuschners Übertritt erst aus den Medien. Dort monierte sie die „Inhaltsleere“ der SPD, den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und seine „sehr fragwürdigen“ Einlassungen zu Weinpreisen und Kanzlergehältern. „Befremdet“ zeigte sich gestern SPD-Fraktionschef Stefan Schostok über Leuschners Manöver. „Rache war noch nie sympathisch“, lässt sich Spitzenkandidat Stephan Weil zitieren.

Der Schlag sitzt also – und das dürfte Leuschner auch so gewollt haben: Als es um die Landtagsdirektkandidatur in ihrem Heimat-Wahlkreis Hannover-Döhren ging, war sie eiskalt gegen Altkanzlergattin Doris Schröder-Köpf ausgetauscht worden. In einem höchst umstrittenen Verfahren, denn nach einer Mitgliederbefragung im Wahlkreis hätte eigentlich Leuschner antreten müssen. Die Wahlkreis-Delegierten aber setzten sich darüber hinweg und stellten Schröder-Köpf auf – ganz so, wie es die Parteioberen samt Weil ausdrücklich begrüßten.

„Verraten“ fühle sie sich, sagte Leuschner schon kurz danach. Ihre Landtagsarbeit als SPD-Rechtsextremismusexpertin führte sie dennoch zunächst fort, hob sich den Coup auf. Themen wie Arbeitnehmerrechte, soziale Gerechtigkeit oder den Kampf gegen rechts finde sie „bei der Linken inzwischen besser vertreten“, erklärt sie jetzt. Und dort heißt man die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Niedersachsen mit ihrem gutem Draht zu den Gewerkschaften wärmstens willkommen: Ihr Übertritt kurz vor der Wahl sei „eine große Stärkung“ und „Beispiel“ für linke Sozialdemokraten.  THA