"Gegenbild zur Gewalt" mit Lücken

Demo 2 30.000 Menschen mit Kerzen sollten ein Band durch die ganze Stadt ziehen – es kamen allerdings deutlich weniger

Als vor einigen Monaten der Berliner Pegida-Ableger vor dem Brandenburger Tor demonstrieren wollte, schaltete der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) einfach die Beleuchtung ab. Am Samstag ging sie symbolisch wieder an: Mit einer Lichterkette von Spandau übers Brandenburger Tor bis Hellersdorf setzten nach Angaben der Veranstalter 20.000 Menschen ein Zeichen für Toleranz.

Organisiert wurde die Lichterkette von Peter Kranz, einem Pfarrer im Ruhestand, der schon etwas geübt darin ist, einen Protest der Kerzen zu initiieren. 2003 folgten nach eigenen Angaben rund 110.000 Menschen seinem Aufruf und protestierten gegen den Irakkrieg. Zwei Jahre später demonstrierten etwa 25.000 Menschen mit Kerzen zum 60. Jahrestag des Kriegsendes. „Eine Lichterkette ist als Gegenbild zu Krieg und Gewalt das wohl friedlichste Zeichen, das Menschen öffentlich geben können“, hieß es im aktuellen Aufruf „Flüchtlinge willkommen – Fluchtursachen überwinden“.

Demgegenüber waren es am Samstag deutlich weniger. Am Kaiserdamm etwa taten sich um Punkt 20 Uhr, als die Kette geschlossen werden sollte, einige Lücken auf. Kranz selbst räumte dies ein, betonte aber, dass es an anderen Orten – etwa Unter den Linden oder am Alexanderplatz – Doppelreihen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegeben habe. Die Polizei sprach am Samstagabend von 8.000 Demonstrantinnen und Demonstranten. Die Lichterkette wurde unter anderem von „Ökumenischen Zentrum“, bei dem Kranz aktiv ist, organisiert und von Gewerkschaften und allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unterstützt.

„Nur“ unfähige Behörden

Obwohl die erhofften 30.000 Teilnehmer verfehlt wurden, war die Stimmung gut. Immerhin kann sich Berlin noch halbwegs sicher sein, dass ein großer Teil der Bewohner die Flüchtlinge willkommen heißt. Anders als in Dresden haben die Berliner nicht gegen eine zunehmend aggressive Stimmung zu kämpfen, sondern „nur“ gegen die Unfähigkeit der Behörden, auf die Flüchtlinge angemessen zu reagieren (s. Text oben).

Aber Kranz wollte mit seiner Aktion auch vorbeugen: Anlass für die Lichterkette war die bröckelnde Akzeptanz von Flüchtlingen in der Bevölkerung. Zudem sollte für das Ausland ein Zeichen gesetzt werden. Die Idee zu der Aktion war im August geboren worden, als bundesweit mehrere Unterkünfte brannten, in denen Asylbewerber untergebracht werden sollten.

Ganz unumstritten war die Ketten-Aktion freilich nicht. Auf Twitter hieß es unter anderem: „Wo war die #Lichterkette, als am Freitag das #Asylrecht starb?“ Uwe Rada