THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die neue Spielzeit hat ihre ersten Höhepunkte schon hinter sich. Doch die Spiel-Zeit hat gerade erst begonnen: die Zeit, zu spielen nämlich. Letzte Woche gab es das neue Game-Theater von machina eX im HAU, das Zuschauer durch theatrale Welten führte und dort komplexe Krimi-Rätsel lösen ließ. Jetzt legen im Ballhaus Ost die Performer von „Prinzip Gonzo“ mit ihrem neuen Real-Life-Theater-Spiel „Conquista 1x01 Die Vision“ nach. Es handelt sich um ein ziemlich megaloman gedachtes Projekt. Thema ist die sogenannte „Entdeckung der Neuen Welt“ durch spanische Eroberer wie Hernando Cortés oder Christoph Columbus. Und „Prinzip Gonzo“ plant mehrere Staffeln seines neuen Spiels über den Ursprung des Eroberungstriebes und seine Folgen.

Das Thema ist vor einigen Jahren schon mal von einem „echten“ Computerspiel, in „Expeditions: Conquistador“ aufgegriffen worden. Dort konnten Computerspieler online in die Rollen von Eroberern schlüpfen. Das Spiel ist damals besonders von den Betroffenen in der „Neuen Welt“, den Nachfahren der Eroberten nämlich, stark kritisiert worden. Rassismus, Gewalt, Habgier und die Entmenschlichung anderer ­Völker und Kulturen werde hier ­banalisiert und verkomme zum Unterhaltungsformat, war ein Argument. Aber jetzt sind wir im Theater, auf dessen Fahnen immer noch groß das Wort „Aufklärung“ geschrieben steht. Und so erforschen die ersten fünf Folgen von Staffel eins zunächst einmal die Frage, wie man überhaupt zum Eroberer wird. Welche Voraussetzungen Menschen überhaupt zu solchen Taten treiben. Da die Mitwirkung der Zuschauer dringend erforderlich ist, das interaktive Geschehen zu erhellen, bringt jeder Zuschauer auch den eigenen inneren Schweinehund sprich: Eroberer mit ins Spiel (Ballhaus Ost: „Conquista: History 1x01 Die Vision“, 15., 16. & 17. Oktober, jeweils 20 Uhr).

Warum Dinge so geschehen, wie sie geschehen, und wie aus Momenten plötzlich Schicksal oder Geschichte wird, ein Held zum Helden und ein Opfer zum Opfer wird – diese ­Fragen hat sich der junge ­Regisseur ­Christopher Rüping in seinem neuen Projekt „100 Se­kunden (wofür leben)“ gestellt. Im Deutschen Theater will er mit diesem Projekt auch der tiefer liegenden Frage nach dem Sinn des Lebens nachspüren. Für die geplante Versuchsanordnung wurden Geschichten von Menschen gesammelt, die ein Idee über ihr eigenes Leben gestellt haben und bereit sind, für ­etwas zu sterben: Jede Geschichte ­bekommt 100 Sekunden Zeit, ­erzählt oder gespielt zu werden (Deutsches Theater: „100 Sekunden (wofür leben)“, Uraufführung: 18. Oktober, 20 Uhr).