Lebenslinien

AUSSTELLUNG Die Bürgerschaft zeigt Porträts von Holocaust-Überlebenden, die in Bremen leben

„Die Lebensgeschichten sind so unglaublich, dass wir nicht wussten, ob wir ihnen gerecht werden“

Barbara Johr, Landeszentrale

Unter dem Titel „Ins Gesicht geschrieben“ ist in der Bürgerschaft eine Ausstellung mit großformatigen Farbporträts aus der Jüdischen Gemeinde eröffnet worden. Die 19 Porträtierten sind alle im und nach dem Ersten Weltkrieg geboren. Sie seien Zeugen eines durch die Shoah geprägten Jahrhunderts, sagte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Elvira Noa. Sie seien mit schwerem seelischen Gepäck aus Osteuropa nach Bremen ausgewandert.

Viele der Frauen und Männer auf den Bildern des Bremer Fotografen Rainer Geue sind dem Tod mehrfach entkommen. Aus den kurzen Bildtexten geht hervor, dass alle Abgebildeten zahllose Angehörige verloren haben. In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion mussten sie während der Kriege unter anderem gegen Nazi-Deutschland Abgründe an systematischer Gewalt, Verachtung und materieller Not erleiden. Unter dem sowjetischen Regime gingen antisemitische Repressalien und tägliche Diskriminierungen weiter.

„Die Lebensgeschichten sind so unglaublich, dass wir nicht wussten, ob wir ihnen gerecht werden“, sagte Barbara Johr von der Landeszentrale für politische Bildung unter Tränen. Die Zentrale ist zusammen mit der Jüdischen Gemeinde und dem örtlichen Verein „Erinnern für die Zukunft“ Veranstalter der Ausstellung, die bis zum 12. Februar in der Bürgerschaft zu sehen ist.

Die Porträts sind im Umfeld der jüdischen Pflege-Wohngemeinschaft „Hillel“ entstanden, die im März 2011 unter dem Dach der Bremer Heimstiftung ihre Arbeit aufnahm. Die Einrichtung ist nach dem Rabbiner Hillel (30 vor Christus bis 9 nach Christus) benannt, der zu den bedeutendsten jüdischen Schriftgelehrten des Altertums zählt. Er begründete eine Schule der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gewaltlosigkeit.  EPD