Theater mit Galgenfrist

Der Senat gibt dem Theater einen 1,9-Millionen-Kredit – aber nur gegen den Verzicht auf das Weihnachtsgeld

Bremen taz ■ Senat und Aufsichtsrat des Theaters haben gestern grünes Licht gegeben für die Lösung der Finanzprobleme des Theaters. Mit 1,9 Millionen Euro soll das Land die Auszahlung der Oktober-Gehälter gewährleisten, aber die Mitarbeitervertretungen des Theaters mussten im Vorfeld zusichern, dass sie auf das Weihnachtsgeld 2005 verzichten werden.

Über Hintergründe und Schuldige der Theaterkrise wird derweil heftig weiter gestritten. „Senator Kastendiek macht es sich zu einfach, wenn er Intendanz und Geschäftsführung die Schurkenrolle zuweist und den Senat als ahnungslose Unschuld vom Lande darstellt“, meinte zum Beispiel die grüne Kulturpolitikerin Karin Krusche.

Wie aus dem internen Bericht des Kultursenators an den Senat hervorgeht, haben schon „seit dem 13. Juli 2005 in unregelmäßigen Abständen Krisensitzungen zum Bremer Theater“ stattgefunden. In einem 30-seitigen Brief beteuert der suspendierte kaufmännische Direktor des Theaters, Lutz-Uwe Dünnwald, er habe im Sommer dem Kultursenator die Finanzlage im Detail erläutert, die aus den vierteljährlichen Controlling-Berichten der „Kultur-Management-Bremen GmbH“ (KMB) des Kulturressorts auch ablesbar gewesen wäre.

Dass zusätzlich zu alten Schuldenbergen von ca. 2,5 Millionen Euro in der Spielzeit 2004/2005 der künstlerische Etat um 575.000 Euro überzogen werden würde, sei dem Aufsichtsrat schon im November 2004 mitgeteilt worden, man habe sich auf einen Ausgleich in der Spielzeit 2005/2006 geeinigt. Andere Konsequenzen seien damals nicht gezogen worden.

Die aktuelle Lage könne, so Dünnwald, niemanden überraschen. Überraschend hingegen sei, dass die Bürgschaft des Senats, mit der das Theater in den vergangenen Jahren einen 500.000-Euro-Kredit bei der Landesbank bekommen habe, nicht wie sonst üblich verlängert worden sei. Dass Kultursenator Kastendiek davon nichts wusste, sei verwunderlich, meint Dünnwald. Auch habe das Theater die Liquiditätsprobleme gegen Ende des Jahres früher immer lautlos mit einem Kreditkonto bei der Landeshauptkasse des Finanzsenators überbrücken können – dieser Weg sei vom Senat in diesem Jahr versperrt worden.

Dass er den Bau-Etat überzogen habe, weist Dünnwald derweil zurück. Die Theater GmbH habe nach dem Umbau Einrichtungsgegenstände kaufen müssen, das sei normal und notwendig gewesen und habe den Rahmen des üblichen Anlagevermögens nicht gesprengt.

Schon im Sommer, stellt der Senatsbericht fest, sei die „Problematik einer Überschuldungssituation des Bremer Theaters per 31.7.2005, die formal bis heute noch nicht behoben ist“, und auch die drohende “Liquiditätsproblematik“ des Theaters am Jahresende thematisiert worden. Der Senat habe einen „Eigenbeitrag der Theater GmbH“ gefordert, wörtlich heißt es: „Die durch die Leitung des Bremer Theaters angebotenen Antworten waren jedoch unbefriedigend, da sie der Situation nicht gerecht wurden. Vor diesem Hintergrund kamen massive Zweifel auf, ob die Führung des Theaters der kritischen Situation entsprechend angemessen agiert.“

Ein Drittel des Kulturhaushaltes gehen an das Theater, das Problem sei also für ihn beträchtlich, meinte Kultursenator Kastendiek gestern. Dem neuen Intendanten, der im Sommer 2007 antritt, will er einen ordentlichen Finanzrahmen bieten, bis dahin sollen alte Probleme gelöst sein. Unter anderem soll das Controlling der Kulturbehörde verbessert werden, heißt es in dem Senatsbeschluss. Die Arbeitnehmer des Theaters sollen auf ihr Weihnachtsgeld verzichten.

Mit dieser Maßnahme sollen übrigens auch die Bremer Philharmoniker als Opernorchester ihren Beitrag zur „dauerhaften“ Sanierung der Theaterfinanzen leisten. Am 20. November muss das Theater den 1,9-Millionen-Kredit zurückzahlen – wenn sich die Arbeitnehmervertreter bis dahin nicht dem Willen des Kultursenators gebeugt und ihrem Anteil am Sanierungskonzept zugestimmt haben.

Klaus Wolschner

Der Senatsbericht steht unter www.mehrdazu.de