Institute: Aufschwung bleibt

Konjunktur Ausgaben für Flüchtlinge seien gut angelegtes Geld

Die Gewerkschaften kritisierten das Festhalten an der „schwarzen Null“

BERLIN dpa | Deutschland bleibt nach Ansicht der führenden Ökonomen wirtschaftlich stark und kann so auch die Ausgaben für Flüchtlinge ohne neue Schulden stemmen. In ihrem am Donnerstag vorgestellten Herbstgutachten gehen die Institute davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft trotz der Durststrecke der Weltwirtschaft 2015 und 2016 um jeweils 1,8 Prozent zulegt.

Das sei ein „verhaltener Aufschwung“, der vor allem von den konsumfreudigen Verbrauchern getragen werde, die dank Rekordbeschäftigung, steigender Löhne und weniger Steuern viel Geld ausgeben, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser in Berlin. 2014 war die deutsche Wirtschaft um 1,6 Prozent gewachsen.

Die 11 Milliarden Euro, die der Staat zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aufbringen müsse, seien gut angelegtes Geld. „Das wirkt ähnlich wie ein Konjunkturprogramm“, meinte DIW-Experte Ferdinand Fichtner. Die Flüchtlinge würden den Großteil an Asylleistungen oder später Hartz IV in den Konsum stecken. Das könnte für die Wirtschaftsleistung einen positiven Effekt von einem Viertelprozentpunkt haben.

Wegen der Milliardenkosten für die Flüchtlinge sinkt aber der Überschuss des Staats von voraussichtlich 23 Milliarden Euro (2015) auf 13 Milliarden Euro (2016). Die Schuldenbremse sei deshalb nicht in Gefahr. Die Gewerkschaften kritisierten das Festhalten an der „schwarzen Null“ mit einem gut ausgeglichenen Haushalt. „Bundesfinanzminister Schäuble muss mehr Flexibilität zeigen – die schwarze Null ist kein Selbstzweck“, sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell. Investi­tio­nen in Bildung seien notwendig, gerade wegen der Flüchtlinge: „Jeder Cent dafür ist eine gute und sinnvolle Investition.“ Die Institute rechnen mit insgesamt 1,5 Millionen Asylsuchenden bis Ende 2016 in Deutschland. Die Berater der Bundesregierung betonten aber, das sei eine Schätzung und keine offizielle Prognose.

Die Migranten müssten schnell Arbeit und Lehrstellen bekommen. Durch fehlende Deutschkenntnisse, mangelnde Berufserfahrung und die langwierigen Asylverfahren stünden dem Arbeitsmarkt zunächst 2015 nur 89.000 Flüchtlinge zusätzlich als Erwerbstätige zur Verfügung.

Die Institute forderten von der Politik dennoch ein Einwanderungsgesetz: „Die fluchtbedingte Migration ist kein Ersatz für eine vernünftige Zuwanderungspolitik“, heißt es in dem Gutachten.

Die steigenden Löhne und Gehälter bei niedriger Teuerung zahlen sich im Geldbeutel der Arbeitnehmer aus. In der Summe dürften die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte im Jahresdurchschnitt real um 1,8 Prozent zunehmen.