Verschärfung des Asylrechts bis Mitte Oktober

Flüchtlingsgipfel I Neue "sichere Herkunftsstaaten"

BERLIN taz | Am Tag nach dem hochkarätigen „Flüchtlingsgipfel“ im Kanzleramt zeigte sich der Innenminister „sehr zufrieden“. Das Gesetz, das er persönlich den Vertretern von SPD und Grünen vorgelegt habe, sei „in allen wesentlichen ­Punkten ohne Abstriche beschlossen worden“, sagte Thomas de Maizière (CDU) am Freitag bei einer Pressekonferenz im getäfelten Konferenzraum seines neuen Innenministeriums im Regierungsviertel.

Sein Fazit: Der Streit zwischen Bund und Ländern sei beigelegt, die Kosten würden geteilt, die Asylverfahren beschleunigt und Abschiebungen erleichtert. Die geplante Verschärfung des Asylrechts soll bereits am kommenden Dienstag vom Kabinett abgesegnet und bis Mitte Oktober durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden. Die Zustimmung auch jener Länder, an denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind, sei im Bundesrat „sehr wahrscheinlich“, fügte de Maizière zuversichtlich hinzu.

Bei dem mehrstündigen Treffen von Bund und Ländern hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am späten Donnerstagabend auf eine monatliche Kostenpauschale von monatlich 670 Euro pro Flüchtling geeinigt, die der Bund übernehmen wird. Dafür stimmten die Länder mehreren Verschärfungen des Asylrechts zu. So wurde vereinbart, die Liste angeblich „sicherer Herkunftsländer“ um Albanien, Montenegro und das Kosovo zu erweitern. Geldleistungen für Asylbewerber sollen künftig nur noch einen Monat im Voraus bezahlt werden, und in Erstaufnahmeeinrichtungen sollen Flüchtlinge möglichst nur noch Sachleistungen erhalten. Dort sollen sie bis zu sechs Monate lang wohnen müssen – so lange soll ihr Asylverfahren künftig maximal dauern.

Die meisten Ministerpräsidenten lobten das Ergebnis. „Die Summe stimmt“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) fand es „ganz hervorragend“, und der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte dem SWR: „Jeder musste Dinge schlucken.“ Die Grünen halten die Einigung aber für „tragfähig“ und „akzeptabel“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung grüner Spitzenpolitiker heißt.

Kritik kam dagegen aus der Partei. „Der Bund hat die Notsituation der Länder und Kommunen ausgenutzt, um schon lange geplante Schikanen beim Asylrecht durchzusetzen“, sagten Mona Neubaur und Sven Lehmann, die beiden Grünen-Vorsitzenden in Nordrhein-Westfalen. Volker Beck, der menschenrechtspolitische Sprecher der Partei, kritisierte ebenfalls, die Länder hätten sich erpressen lassen. „Es wird besonders absurd, wenn wir im Sommer die Bundeswehr mit der Nato in das Kosovo schicken und im Herbst den Staat für angeblich sicher erklären“, sagte er der taz. Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl nannte den Plan, nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina jetzt unter anderem auch das Kosovo als „sicher“ zu erklären, „absurd“. Dort seien im Rahmen des KFOR-Einsatzes noch immer internationale Soldaten zur Friedenssicherung eingesetzt, daran erinnerte ihr Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Nur der Erfurter Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kündigte jetzt schon an, er werde der pauschalen ­Einstufung der Westbalkanländer als „sichere Herkunftsstaaten“ im Bundesrat nicht zustimmen. In der rot-roten Koalition in Brandenburg gibt es Streit, weil Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf dem Asylgipfel dem Deal zugestimmt hat. Linken-Fraktions­chef Ralf Chris­tof­fers erklärte am Freitag, dass seine Partei in dieser Frage „eine andere Auffassung“ habe. Daniel Bax