Verteilungskampf

Die einen wollen weniger Flüchtlinge im Land, die anderen mehr finanzielle Mittel, um sie versorgen zu können

Geld für Flüchtlinge

Asylgipfel Der Bund will den Ländern im nächsten Jahr vier Milliarden Euro zur Verfügung stellen

BERLIN taz | Gut 4 Milliarden Euro mehr – so viel Geld sollen die Bundesländer im kommenden Jahr angesichts der hohen Flüchtlingszahlen erhalten. Darauf einigten sich die Teilnehmer des Flüchtlingsgipfels nach Angaben aus Kreisen der Länder am Donnerstagnachmittag. Die Ministerpräsidenten waren ins Bundeskanzleramt gekommen, um mit der Bundesregierung über die Konsequenzen der Einwanderung zu beraten.

Dabei ging es schwerpunktmäßig um die Finanzierung. Aber nicht nur: Die Spitzen von Union und SPD hatten zuvor beschlossen, Albanien, Kosovo und Montenegro als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen, um Asylbewerber von dort schneller zurückzuschicken. Künftig sollen sie länger in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und überwiegend Sachleistungen bekommen. Für bestimmte Flüchtlingsgruppen sind rigide Leistungskürzungen vorgesehen. Für dieses Gesetzespaket braucht die Bundesregierung die Zustimmung einer Ländermehrheit im Bundesrat.

6 Milliarden Euro hat die Große Koalition im Bund ohnehin schon bereitgestellt – 3 davon für die Bundesländer. Nun soll 2016 mindestens 1 weitere Milliarde hinzukommen. Grundlage dafür sei, dass der Bund pro Asylbewerber und Monat 670 Euro an die Länder überweise, hieß es. Das Geld stammt aus Überschüssen im Bundeshaushalt 2015 und soll nun für die zusätzlichen Aufwendungen 2016 reserviert werden.

Unstrittig ist, dass viele Länder, die sich permanent verschulden, auf die Unterstützung des Bundes angewiesen sind. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist in der ­vorteilhaften Lage, mehr Geld einzunehmen, als er ausgibt. So erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, es gehe um eine auf Dauer ausgerichtete „dynamisch angelegte Mitfinanzierung des Bundes“.

Spielraum dafür ist im Bundeshaushalt vorhanden. Denn schätzungsweise wird es bei den bisherigen Überschüssen dieses Jahres nicht bleiben. Angesichts der soliden Konjunktur, steigender Löhne und einer wachsenden Zahl von Arbeitsplätzen wird die Steuerschätzung im November wohl weitere Zusatz­einnahmen prognostizieren.

Auch 2016 sollte die Aufwärtsentwicklung weitergehen – so es nicht zu unerwarteten Krisen kommt. Höhere Steuer­einnahmen für den Bund von 2 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr sind realistisch. Damit ließen sich die Forderungen der Länder abdecken.

Weitere niedrige Milliardenbeträge kann man durch Umschichtungen im normalen Haushaltsvollzug des Bundes erwirtschaften. Weil sie nicht ausgegeben werden, bleiben in den Einzeletats zum Jahresende immer mal ein paar hundert Millionen Euro zurück. So ist der ausgeglichene Bundeshaushalt nicht in Gefahr. Schäuble will auch im Bundeshaushalt 2016 ohne zusätzliche Schulden auskommen. Hannes Koch