Einheitsfeier in Frankfurt: Eigenlob und Buttersäure

Wiedervereinigung AktivistInnen stören die zentralen Feierlichkeiten in der Bankenmetropole

Foto: Boris Roessler/dpa

FRANKFURT taz | Über 300 Veranstaltungen in drei Tagen und eine Lichtshow für 900.000 Euro: In Frankfurt fand am Wochenende die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit statt. Doch das auf eine Million BesucherInnen ausgelegte Fest stieß nicht nur auf Gegenliebe. Am Rand und mittendrin gab es immer wieder Aktionen von linken DemonstrantInnen.

Etwa Samstagmittag am Zelt des Bundesrats: Dort übergibt der noch amtierende Bundesratspräsident, der hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU), symbolisch die Amtsgeschäfte an seinen sächsischen Kollegen Stanislaw Tillich (CDU). Der lobt sein Bundesland und erzählt, dass man für Sachsen die Bezeichnung „Freistaat“ gewählt habe, weil dies das „schöne deutsche Wort“ für Republik sei.

Als Bouffier und Tillich zum Thema Apfelbäume übergehen, dringen von draußen immer wieder Rufe von GegendemonstantInnen ins Zelt: „Um Europa keine Mauer. Bleiberecht für alle und auf Dauer!“, hört man. Die DemonstrantInnen wollen, dass die Bundesrepublik das Motto der Einheitsfeier ernst nimmt: „Grenzen überwinden“.

Die Veranstalter hatten zwar auch ein paar Flüchtlinge eingeladen, zum Beispiel zur offiziellen Feier mit Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck. Fragt man aber die BewohnerInnen der Unterkünfte in Frankfurt, dann wissen viele nichts von dem großen Bürgerfest.

Schon am Freitagabend waren DemonstrantInnen mit Slogans wie „Grenzen abschaffen, Deutschland überwinden!“ durch die Stadt gezogen. Anlass zum Feiern sahen sie nicht. „Angesichts der mit Hilfe der Grünen durchgewunkenen Asylrechtsverschärfungen und wiedereingeführten Grenzkont­rollen ist die nationale Party hier einfach nur zynisch“, sagte Sprecher Frederic Wester. Abgesehen von ein paar Böllern blieb der Zug durch die Stadt ruhig.

Mit 1.500 TeilnehmerInnen kam die Demonstration allerdings nicht an die Veranstaltung von 1990 heran. Damals waren fast zehnmal so viele Menschen in der Bankenmetropole unter dem Motto „Nie mehr Deutschland“ auf der Straße. Dafür gibt es in diesem Jahr viele kleine Aktionen linker AktivistInnen, zum Beispiel auf der Blaulichtmeile.

Dies ist ein eigener Abschnitt für Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr und Co. Hier versammeln sich AktivistInnen, ein Sprecher dankt den Uniformierten zynisch: „Ohne euren Einsatz wären Abschiebungen nicht möglich. Und wo wäre die NSU wohl erst hingekommen, wenn Polizei und Verfassungsschutz nicht so gut gearbeitet hätten?“ Als Auszeichnung verleihen die Demonstrierenden eine pinke Spielzeugpistole und verteilen Infoflyer.

Den ZuschauerInnen wird die Polizeiarbeit praktisch vorgeführt

Als die AktivistInnen abziehen wollen, kommt es zu Rangeleien, die Polizei kesselt sie ein. Den ZuschauerInnen wird die Polizeiarbeit praktisch vorgeführt. Laut einem Polizeisprecher gab es im Rahmen der Proteste sowohl auf Seiten der Feiernden als auch unter PolizistInnen mehrere Verletzte. An einigen Stellen wurde demnach Buttersäure ausgekippt. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Alina Leimbach