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PorträtDer Pechvogel

Es war diese verdammt fünfte Minute. Daran wird Marc Rzatkowski immer wieder gedacht haben: diese eine Szene. Als er das Spiel schnell machen wollte, ihm aber der Pass misslang und dem Sandhausener Andrew Wooten vor den Füßen landete. Danach war alles schnell gegangen: die aufrückende Abwehr des FC St. Pauli indisponiert – und plötzlich stand es 0:1. Als drei Minuten später Ranisav Jovanocić das 0:2 köpfte, war das Spiel aus Hamburger Sicht praktisch verloren. Und er, Marc Rzatkowski, hatte einen Riesenanteil an der Niederlage, der ersten Heimwärtspleite seit vergangenem Februar.

Interviews nach dem Spiel – das schließlich 1:3 endete – gaben diesmal andere im Team. Das war die vergangenen Wochen ganz anders gewesen: Da war der 25-Jährige Rzatkowski, 2013 aus Bochum zu St. Pauli gekommen, geradezu Sinnbild des sportlichen Aufschwungs geworden. Bis auf Platz drei der Zweitligatabelle hat er die St. Paulianer geführt. Von Trainer Ewald Lienen aus dem offensiven ins defensive Mittelfeld beordert, wurde aus dem Bankdrücker der vergangenen Saison ein Leistungsträger der aktuellen.

Der gerade mal 1,71 Meter große Rzatkowski wurde ein Symbol für die Stärken und Schwächen der derzeitigen Mannschaft insgesamt: zweikampfstark im Abwehrverhalten, aber auch mit Luft nach oben im Aufbauspiel. Mit ­Rzatkowski ließ der FC St. Pauli in den ersten neun Partien nur vier Gegentore zu, weniger als jedes andere Team der Liga. Aber die Hamburger erzielten im Schnitt auch nur ein Tor je Spiel. Rzatkowski, den man geholt hatte, auf dass er das Angriffsspiel belebe, fand in Lienens neuer Grundformation nun ausgerechnet als Spielzerstörer zu neuer Stärke.

„Ratsche“ – beziehungsweise die „Wühlmaus“, wie viele Fans ihn nennen – ist aufgrund seines Einsatzes längst ein Publikumsliebling. Ihm wird auch ein Fauxpas wie jetzt am Samstag gegen Sandhausen verziehen. Zumal sich Rzatkowski, der wegen seiner Frisur immer ein wenig an Marco Reuss erinnert, wieder in die Partie zurückkämpfte und sich dann sogar noch die einzige nennenswerte Hamburger Torchance vor der Halbzeit erkämpfte. Als Kyoungrok Choi eine Viertelstunde vor Abpfiff dann für den zwischenzeitlichen Hamburger Anschlusstreffer sorgte, da hatte Rzatkowski längst ausgepumpt den Platz verlassen. Wie immer hatte er mit die meisten Ballkontakte gehabt und auch die meisten Kilometer abgerissen. Und Trainer Ewald Lienen musste einmal mehr konstatieren: Läuft es bei Ratsche, läuft es auch im Team. Schwächelt der zentrale Mittelfeldspieler aber, dann lahmt die ganze Mannschaft. MAC

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