Keine Beitragsentlastung für Eltern

Bundessozialgericht Katholisches Elternpaar wollte weniger Kranken- und Rentenversicherung zahlen

KASSEL taz | Familien werden in der Sozialversicherung nicht verfassungswidrig benachteiligt. Zu diesem Schluss kam jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Geklagt hatte eine Familie aus Freiburg.

Der katholische Diakon Markus Essig hatte 2006 eine Reduzierung seiner Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung beantragt. Er wollte nur noch die Hälfte der üblichen Beiträge zahlen, da er und seine Frau drei Kinder erziehen. Diese seien die Beitragszahler von morgen, ohne Kinder könne die Sozialversicherung nicht funktionieren. Die Erziehung von Kindern sie gleichwertig wie die Zahlung von Beiträgen, da beides zu Konsumverzicht führe. Die Klage wird unterstützt vom Familienbund der deutschen Katholiken und dem ehemaligen hessischen Landessozialrichter Jürgen Borchers.

Die Kläger beriefen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2001. Damals hatte Karlsruhe für die Pflegeversicherung beanstandet, dass Eltern und Kinderlose bei den Beiträgen gleich behandelt werden. Daraufhin hat der Bundestag 2004 im „Kinderberücksichtigungs-Gesetz“ einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozent für Kinderlose eingeführt. Eine Übertragung auf die Kranken- und Rentenversicherung lehnte der Bundestag dann aber ab.

Auch das Bundessozialgericht sah sich nun nicht durch das Karlsruher Urteil gebunden. Dieses sei nur für die Pflegeversicherung bindend. Für andere Zweige der Sozialversicherung habe das Verfassungsgericht nur einen „Prüfauftrag“ erteilt, dem der Gesetzgeber nachgekommen sei, wenn auch ohne etwas zu ändern.

Der Vorsitzende BSG-Richter Hans-Jürgen Kretschmer betonte den großen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Sozialrecht. Dabei seien die Familienlasten durchaus berücksichtigt worden, zum Beispiel indem Kindererziehungszeiten zur Erhöhung der Rente führen und indem Familienmitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei mitversichert sind.

Das Bundessozialgericht bekräftigte damit ein eigenes Urteil aus dem Juli 2006. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde war in Karlsruhe ohne Begründung abgelehnt worden. Dennoch will Familie Essig nun ebenfalls Verfassungsbeschwerde einlegen und den Fall mit großer medialer Begleitung nach Karlsruhe bringen. Markus Essig geht es um das Prinzip. Seine Kinder sind längst volljährig. Christian Rath