ÖPNV Wegen maroder Trams gilt ab Montag ein „ausgedünnter Fahrplan“. BSAG und VCD werfen dem Senat Untätigkeit vor: Der Zug ist abgefahren
Jens Tittmann, Sprecher von Verkehrssenator Joachim Lohse (Die Grünen)
Wenn die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) am Montag ihre Fahrpläne umstellt, werden das vor allem die NutzerInnen der Straßenbahnlinie 8 merken: Die wird künftig nicht mehr vom Roland-Center bis zur Kulenkampffalle fahren, sondern nur noch bis zur Domsheide. Wer weiter will, muss in den Bus umsteigen.
„Wir sind zu erfolgreich“, sagt Jens Tittman, Sprecher des grünen Verkehrssenators Joachim Lohse. 30 Jahre sollten die Trams halten, bei einer Laufleistung von 55.000 Kilometern im Jahr. Zwanzig Jahre später haben sie die doppelte Strecke zurückgelegt und ihre maximale Laufleistung erreicht. „Das ist das Ergebnis guter Verkehrspolitik“, sagt Tittmann.
„Es ist Feierabend mit Reserve“, sagt BSAG-Sprecher Jens-Christian Meyer. 25 der 119 Bahnen seien außer Betrieb, „und unsere Werkstätten machen schon im dritten Jahr Überstunden“. Jetzt, sagt er, könnten nur noch Busse Abhilfe leisten, „aber selbst davon haben wir nicht genug“. Deswegen würden bereits Gebrauchtbusse gesucht.
Vor drei Jahren schon habe die BSAG Bedarf angemeldet, aber erst als sich 2013 die Schäden an den Straßenbahnen häuften, habe der Senat reagiert. „Die Entscheidung ist letztendlich bis nach der Bürgerschaftswahl verschoben worden“, sagt Meyer. Danach sollte das Tram-Problem „mit oberster Priorität“ behandelt werden, „und nun ist Herbst und noch immer ist nichts geschehen“.
77 neue Fahrzeuge werden benötigt, im Koalitionsvertrag sind 67 vorgesehen plus zehn generalsanierte Bahnen. „Für die Ausschreibung brauchen wir jetzt dringend die Bürgschaft Bremens über die Finanzierung“, sagt Meyer. Denn bis die neuen Bahnen auf den Schienen auch tatsächlich laufen, dauert es durch Ausschreibung, Auftragsvergabe, Test- und Bauphase mindestens vier Jahre.
Malte Halim, Vorsitzender des Bremer Verbandes des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) bemängelt ebenfalls, dass Bremen zu lange mit dem Beschluss zur Neuanschaffung von Trams gewartet habe: „Im Sinne einer vernünftigen Stadtentwicklung und im Sinne der Umwelt ist das Aufschieben solcher Entscheidungen auf Dauer kontraproduktiv.“
Tittmann gibt die Vorwürfe zurück: Auch die BSAG hätte früher reagieren müssen, sagt er. „Vor drei Jahren hat sie lediglich eine Diskussion angestoßen.“ Aber auch er sagt, dass „die Bürgschaft nun dringend beschlossen werden muss“. Das Verkehrsressort sei sich aber sicher, dass dies noch 2015 geschehen werde.
Wird es, bestätigt Dagmar Bleiker, Sprecherin von Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) und weist die Vorwürfe der Linksfraktion zurück, die Kosten für die Straßenbahnen in Höhe von rund 200 Millionen Euro seien im Nachtragshaushalt „nicht einmal ansatzweise“ eingeplant: „Bis einschließlich 2017 werden die Trams finanziell auch noch gar keine große Rolle spielen.“ SCHN
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