Kommentar Telemediengesetz: Free Wifi!
Die Bundesregierung plant ein neues Telemediengesetz: endlich freies WLan für alle? Pustekuchen. So ziemlich das Gegenteil wird eintreffen.
D igitalisierung, Internet, neue Technologien, das ist alles wichtig. Total wichtig. So klingt die Bundesregierung, wenn es um die Theorie geht. Breitband-Internet für alle, offene Wlans für fast alle, wäre doch super. Doch bei der Umsetzung ist das Internet dann plötzlich etwas anderes.
Nicht etwas, das Menschen Teilhabe, Information und Kommunikation ermöglicht. Sondern etwas Bedrohliches, in dem dunkle Gestalten verbotenerweise urheberrechtlich geschützte Dateien tauschen, weshalb es ohne Überwachung natürlich nicht geht. Und die Vorratsdatenspeicherung lässt auch noch grüßen.
So ist auch der am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Entwurf zur Änderung des Telemediengesetzes einer, bei dem man sich fragt: Ist das tatsächlich so gewollt? Oder nur so gemacht? Denn während die Bundesregierung nicht müde wird zu betonen, dass man offene Wlans ganz unbedingt fördern wolle, wird mit diesem Gesetz das Gegenteil passieren: Für Privatleute, für kleine Anbieter wie Cafés und für engagierte Aktivisten wie die Freifunker wird es in Zukunft schwierig bis unmöglich, Menschen per Wlan an ihrem Internetanschluss teilhaben zu lassen. Mehr Hürden, mehr Technik, mehr Überwachung.
Dabei wäre es ganz einfach gewesen: Eine klarer Satz im Gesetz und die umstrittene Störerhaftung, wonach der Anbieter eines Anschlusses für eventuelle Rechtsverstöße eines Nutzers haftet, wäre komplett und bedingungslos und für alle abgeschafft. Konsequent wäre es gewesen, schließlich haften die großen Zugangs-Provider auch nicht. Wieso bekommen also kleine Wlan-Anbieter unübersichtliche und schwammige Vorschriften, an die sie sich halten müssen, wollen sie nicht in Haftung genommen werden?
Und wenn die Bundesregierung schon dazu nicht den Mut aufbringt, sollte sie wenigstens so aufrichtig sein und sagen, wozu das Gesetz wirklich führen wird: Zu weniger offenen und damit mitnutzbaren Wlans. Denn blumige Worte vom Wirtschaftsminister helfen nichts, wenn Abmahnanwäte erst ein Geschäft wittern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“