Ein rechtes Verständnis von Souveränität

Rechtspopulismus Publizist Elsässer lässt „Compact“-Konferenz von kremltreuem Institut fördern

Konjunkturprogramm für Rassisten und Verschwörungstheoretiker

BERLIN taz | Die gestiegene Zuwanderung nach Deutschland ist auch eine Art Konjunkturprogramm für Rassisten, Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker. Seit Jahren versucht das von dem Publizisten und ­Exmaoisten Jürgen Elsässer geleitete Monatsmagazin Compact, sich als Schnittstelle zwischen bürgerlich-wertkonservativen Politikern und Publizisten und verschiedenen Strömungen der neuen Rechten zu positionieren. Am 24.Oktober veranstaltet das Magazin seine 4. „Souveränitätskonferenz“ in einem Berliner Hotel, es werden mehr als 1.000 zahlende Gäste erwartet.

Wichtigster Förderer der Konferenz ist das Kreml-treue Institut für Demokratie und Zusammenarbeit in Moskau, das Dependancen in New York und Paris unterhält und einige Redner beisteuert, die über das „Völkergefängnis EU“ und „die Pläne der US-Regierung für einen neuen Weltkrieg referieren“ werden.

Neben alten Bekannten wie dem Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider und dem ehemaligen parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Andreas von Bülow (SPD), wird auch der Publizist Götz Kubi­tschek („Sezession“) auftreten. Kubitschek gilt als einer der intellektuellen Köpfe der Neuen Rechten und pflegt Verbindungen zu Parteien aus diesem Spektrum sowie zur „Identitären Bewegung“. Angekündigt ist ferner eine Videoansprache von Ron Paul, der als Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus zur Galionsfigur der libertären „Tea Party“-Bewegung wurde, aber zweimal damit scheiterte, als Präsidentschaftskandidat der Republikaner nominiert zu werden.

Noch nicht zugesagt hat der AfD-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Ale­xander Gauland, der bereits auf der 3. „Souveränitätskonferenz“ im November 2014 eine umjubelte Rede hielt. Gauland werde sich bis Anfang Oktober entscheiden, hieß es auf taz-Nachfrage aus seinem Büro. Auch die vom Veranstalter angefragten Vertreter der ungarischen Regierung haben ihre Teilnahme bislang nicht bestätigt.

Absagen dieser Referenten wären ein Schlag für Elsässer, der die Konferenz als Meilenstein für die Bildung einer deutschen, aber auch kern­europäischen Widerstandsbewegung gegen Zuwanderung anpreist. Das Compact-Theoriegebilde basiert auf der Idee eines internationalen Komplotts unter Führung der US-Regierung zur Zerstörung des deutschen Volkes, welches von der hiesigen „Vasallenregierung“ umgesetzt wird. Aktuell fokussiert sich das Magazin auf die „Asylflut“, wohl auch, um Leser in der wieder erstarkten Pegida-Bewegung zu gewinnen. Andere klassische Compact-Themen, wie die Unterstützung der russischen Militär- und Innenpolitik und die Zerstörung der deutschen Familie durch Homoehe und „Gender-Wahn“, treten derzeit in den Hintergrund. Die Positionen und die verwendete Terminologie sind in vielen Bereichen deckungsgleich mit den Veröffentlichungen der NPD, einen offiziellen Schulterschluss mit den Neonazis vermeidet man allerdings, um das rechtskonservative Spektrum nicht zu verschrecken.

Im Vorfeld der Konferenz versucht Elsässer offensichtlich, ein Ermittlungsverfahren wegen Staatsschutzdelikten zu provozieren. So forderte er am 13. September die Soldaten der Bundeswehr in seinem Blog auf, alle Grenzstationen und Grenzbahnhöfe zu besetzen, um die Einreise von Flüchtlingen zu unterbinden. „Wartet nicht auf Befehle von oben! Diskutiert die Lage mit Euren Kameraden und werdet selbst aktiv. Nur Ihr habt jetzt noch die Machtmittel, die von der Kanzlerin befohlene Selbstzerstörung zu stoppen“, heißt es in dem Artikel, der somit unverhohlen zum bewaffneten Umsturz aufruft. Rainer Balcerowiak