Algerien: Viele Tote bei Geiseldrama

MALIKRIEG Blutbad nach Aktion des algerischen Militärs gegen islamistische Miliz in der Sahara

„Wir haben hier den unmittelbaren Beweis, dass das Problem weit über den Norden Malis hinausgeht“

Christian Rouyer, Botschafter Frankreichs in Mali

TRIPOLIS/BAMAKO/PARIS rtr/taz | Das Geiseldrama in der algerischen Wüste ist am Donnerstag eskaliert: Bei einem Luftangriff auf die von Islamisten besetzte Gasförderanlage seien 34 Geiseln und 15 Islamisten getötet worden, berichtete die mauretanische Nachrichtenagentur INA, die enge Kontakte zu den Islamisten hat.

Einer ihrer Sprecher sagte der Agentur, sie würden die restlichen Geiseln töten, wenn die algerische Armee die Anlage stürmen sollte. Zuvor war aus algerischen Sicherheitskreisen verlautet, Dutzende ausländische Geiseln und Algerier seien freigekommen. Augenzeugen berichteten von der Zerstörung mehrerer Fahrzeuge, mit denen die Geiselnehmer der islamistischen Al-Mulathameen-Miliz entführte BP-Mitarbeiter nach Libyen transportieren wollten.

Sichere Informationen zur Zahl und Nationalität der in Algerien festgehaltenen Ausländer gab es nicht. Die Geiselnehmer sagten, sie hätten US-Bürger, Japaner und Europäer in ihrer Gewalt. Sie bestätigten den Tod von einem ihrer Kommandeure namens Abu al-Baraa und 35 westlicher Geiseln.

Die Geiselnehmer in Algerien, eine Gruppe, die sich „Bataillon des Blutes“ nennt, forderte die Beendigung des französischen Militäreinsatzes in Mali. Ihre Aktion richte sich auch gegen die algerische Regierung, die den französischen Kampfflugzeugen Überflugrechte gewährt habe, erklärte die Gruppe. Algerien lehnte Verhandlungen mit den Islamisten ab.

Mit dem Überfall in Algerien wurde die Befürchtung Realität, dass die Militäraktion in Mali zu Vergeltungsmaßnahmen von Islamisten in anderen Teilen der Welt führen wird. In Somalia reagierten die Islamisten auf die französische Offensive mit der Erklärung, sie hätten einen 2009 entführten französischen Geheimdienstoffizier hingerichtet. Frankreichs Botschafter in Mali, Christian Rouyer, sieht in der Geiselnahme eine Rechtfertigung für die Mali-Intervention. „Wir haben hier den unmittelbaren Beweis, dass das Problem weit über den Norden Malis hinausgeht“, sagte er im Rundfunk. Die Dimension des Problems sei national und international. Die Europäische Union beschloss indes, Militärs nach Mali zur Ausbildung der dortigen Armee zu entsenden. Der Beschluss wurde von den Außenministern auf einer Sondersitzung in Brüssel getroffen. Die Niederlande stellen außerdem – ebenso wie Deutschland – Transportflugzeuge bereit.

In Mali selbst war die Lage ruhig, nur die zentralmalische Stadt Diabaly blieb umkämpft. Französische Soldaten hatten, die islamistischen Kämpfer dort eingeschlossen haben, stießen aber am Donnerstag offenbar nicht weiter vor.

Militärexperten sagten der Agentur Reuters, Frankreich und die afrikanischen Truppen müssten nach den Luftangriffen nun Bodentruppen ins Land bringen, um einen Rückzug der Islamisten in die Sahara zu verhindern.

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