Vergleich ohne Transparenz

INTERNET Versicherungskaufleute verklagen ein Onlineportal. Doch die Branche hat selbst ein Problem

BERLIN taz | Welcher Stromanbieter ist öko und günstig? Welche Hausratversicherung zahlt bei Fahraddiebstahl? Für diese Fragen müssen Verbraucher keinen Versicherungsmakler fragen – auch Vergleichsportale im Internet liefern die Antworten. Versicherungsvermittlern sind die Angebote schon lange ein Dorn im Auge: Sie entziehen ihnen potenzielle Kunden.

Nun hat der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute Klage vor dem Landgericht München gegen das Vergleichs­portal Check24 eingereicht. „Das Portal erfüllt elementare Pflichten nicht“, sagt Verbandssprecher Christoph Gawin. Es biete keine individuelle Beratung, keine Bedarfsanalyse, und zudem hapere es bei den Informationen, die Kunden beim ersten Geschäftskontakt bekommen müssten. Ein Sprecher von Check24 wollte sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht zu den Vorwürfen äußern.

Das Problem betrifft vor allem Versicherungen. Denn im Unterschied zu anderen Leistungen, wie Handyverträgen oder Flügen, bindet sich ein Kunde hier nicht nur auf längere Zeit, sondern auch mit höheren Ausgaben – und Risiken, falls der Vertrag nicht das abdeckt, was er abdecken sollte.

Tatsächlich sei eine Beratung bei Onlineportalen meist nicht vorhanden, sagt Bianca Boss, Sprecherin des Bundes der Versicherten. Doch sie sieht vor allem ein anderes Problem: „Die Verbraucher denken, dass die Vergleichsportale unabhängig sind.“ Dabei finanzierten sie sich in der Regel über Provisionen, die nach Vertragsabschluss vom Versicherer an das Portal fließen. „Die Frage ist, ob dann der günstigste oben steht oder der, der am meisten bezahlt“, sagt Boss. Check24 betont zwar auf seiner Webseite, dass das Ranking auf dem Preis beruhe. Nachprüfen lässt sich das für den Kunden allerdings nicht.

Das Verbraucherministerium lotet derzeit aus, wie sich die Portale transparenter gestalten lassen. Anfang des Monats traf sich Staatssekretär Gerd Billen mit Vertretern mehrerer Dienste. Doch fehlende Transparenz betrifft nicht nur Onlineportale. Auch bei der persönlichen Beratung gibt es Provisionen für Versicherungsmakler oder -vertreter. „Auch hier weiß der Beratene nicht, was an Provisionen fließt“, kritisiert Boss.

Sie empfiehlt, bei wichtigen Abschlüssen, wie etwa einer Berufsunfähigkeitsversicherung, einen Versicherungsberater zu wählen. Den zahlt der Kunde selbst, bekommt aber unabhängige Beratung. Bei kleineren Entscheidungen wie Hausrat- oder Privathaftpflichtversicherungen rät sie: Portale vergleichen. Wer sich mehrere Trefferlisten anschaue, bekomme meist ein Gefühl dafür, ob das günstigste Angebot oben stehe.

Svenja Bergt