Die Internationale

Soziale Frage Fairer Handel ist auch ein Thema für die Arbeiterbewegung. Ein Blick zu den Gewerkschaften

Von dem Engagement profitierendie chinesischen Gewerkschaften

von Volker Engels

Kürzlich waren Vertreter der IG Metall in China, um sich die Herstellung des „Fairphone“, eines teilweise fair produzierten Smartphones, anzugucken. „Es war sehr spannend, dass wir erstmals einen direkten Zugang zu einem chinesischen Betrieb bekommen haben und uns ohne Einschränkungen die Arbeitsabläufe und Produktionsbedingungen anschauen konnten“, sagt Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Das sei ein erster, aber wichtiger Schritt. Die weltweit größte Einzelgewerkschaft setze nicht mehr alleine darauf im Rahmen ihrer internationalen Arbeit „über Missstände zu informieren, sondern konkret daran zu arbeiten, dass die Arbeitsbedingungen besser werden“.

Wie Konzerne wird auch die Gewerkschaft zum Global Player: „Uns geht es nicht nur um gute Arbeitsbedingungen in Deutschland, wir haben auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten weltweit im Blick“, sagt Lemb. Und diese sind, zum Beispiel bei der Herstellung von Handys, mehr als schwierig: „Im Kongo schicken Warlords Kinder in Minen, um Gold oder Kupfer als Rohstoffe für die Handyproduktion aus dem Berg zu holen.“ Mit den Erträgen würden dann Waffen finanziert.

In Zukunft soll es eine intensivere Kooperation zwischen der IG Metall und „Fairphone“ geben. „Als Gewerkschaft sind wir Experten darin, Arbeitsbedingungen zu bewerten und Verbesserungsvorschläge zu machen.“ Von dem Engagement profitieren auch die chinesischen Gewerkschaften, die sich bislang vor allem als verlängerter Arm der Partei begriffen: „Es geht schließlich darum, die Interessen der Beschäftigten in den Betrieben zu vertreten.“ So sei ein Treffen mit chinesischen Gewerkschaftsvertretern auf Vorstandsebene geplant, „um intensiver zusammenzuarbeiten“. Auch in Zukunft werde die IG Metall konkrete Projekte entwickeln, um gemeinsam mit ausländischen Partnerorganisationen die Arbeitsbedingungen vor Ort zu verbessern.

Die Bedeutung breiter gesellschaftlicher Unterstützung betont Klaus Wöldecke vom Weltladen-Dachverband e. V.: „Wir arbeiten mit vielen Akteuren zusammen, um das Thema Fairer Handel in die Öffentlichkeit zu bringen.“ Alleine könne man „die Welt nicht retten, deswegen brauchen wir Partner“. Eine enge Kooperation gebe es etwa mit kirchlichen Trägern wie „Brot für die Welt“ oder „Misereor“, die sich seit Jahrzehnten für den Fairen Handel engagieren. „Punktuell und fallbezogen“, so der Geschäftsführer weiter, „arbeiten wir aber mit ganz vielen Organisationen immer wieder sehr eng zusammen“.

Auch für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) etwa hat der faire Handel eine große Bedeutung: „Gerade im Agrarbereich wird deutlich, dass es auch ohne Ausbeutung geht“, sagt Bianca Kühl aus der Abteilung internationale und europäische Gewerkschaftspolitik. Vor allem die Selbstorganisation von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und der Kampf gegen Kinderarbeit stehen für den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften „an erster Stelle“. Das Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit ist eines der wichtigsten Kriterien des fairen Handels.

Dass der faire Handel nicht ausreichend von der Politik unterstützt wird, davon ist Bianca Kühl überzeugt: „Zwar wird in allen politischen Institutionen derzeit fair gehandelter Kaffee getrunken, doch werden gleichzeitig Handelsabkommen abgeschlossen, die die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten nicht mit umfassen.“

Die europäische Ebene hat die EFFAT, der europäische Verband der Landwirtschafts-, Lebensmittel und Tourismusgewerkschaften, auf der Agenda. Er vertritt 120 nationale Gewerkschaften aus 35 europäischen Ländern. „Schon im Jahr 2001 haben sich Unternehmen der Süßwarenindustrie verpflichtet, Kinderarbeit bei der Kakaoproduktion nicht hinzunehmen“, sagt Generalsekretär Harald Wiedenhofer. „Mit sehr begrenztem Erfolg.“ Immer noch würden Kinder in Afrika auf Kakaoplantagen arbeiten, „aber auch in der Türkei gibt es Kinderarbeit auf Haselnussfeldern“.

Dafür, dass die Sozialstandards und Arbeitsrechte in der gesamten Kakaolieferkette eingehalten werden, wirbt der Dachverband bei den europäischen Mitgliedsgewerkschaften und Betriebsräten. Auch die Unternehmen begreift der Generalsekretär als Bündnispartner: „Wir müssen alle an einem Strang ziehen, um die Voraussetzungen für faire Produktionsbedingungen zu schaffen.“

Dass sich eine enge Kooperation unterschiedlicher Akteure für die Produzenten in den Ländern des Südens auszahlt, weiß Bianca Kühl: „Vor gut zehn Jahren war es kaum ein Thema, dass die ILO-Kernarbeitsnormen, die unter anderem die Kinderarbeit verbieten, Grundlage für wirtschaftliches Handeln sind. Heute sind rund 40 Prozent der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie dem deutschen Textilbündnis beigetreten und bekennen sich zu den dort mit den Gewerkschaften ausgehandelten Mindeststandards.“