„Waschen Sie das Obst gründlich“

Essen Ernten in der Stadt? Bei Früchten gebe es keine Bedenken, sagt Ökotoxikologin Säumel

Ina Säumel

Foto: privat

Die Ökotoxikologin der TU Berlin hat mehrere Studien zu Schadstoffen in städtischem Grünzeugs gemacht.

September ist Erntezeit. Auch für Stadtgärtner gibt es manches einzuholen. Und dafür trommelt auch CDU-Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. Sie hat vor Kurzem in den Britzer Gärten, einem Park im Südwesten Berlins, Obst gepflückt, um ihre Aktion „Stadt­ernte“ bekannt zu machen. Sie ruft jeden auf, Früchte von Bäumen auf öffentlichem Grund, an Straßen oder in Parks zu ernten, und fördert den Verein Mundraub, der die Ernte dieses Obstes seit Längerem organisiert.

taz: Frau Säumel,ist dieses Obst gesund?

Ina Säumel: Beim Obst gibt es keine Bedenken, vorausgesetzt, Sie waschen es gründlich. Anders ist das allerdings beim Stadtgemüse. In 52 Prozent der Fälle war bei unseren Proben der EU-Grenzwert für Blei in Lebensmitteln überschritten, wenn es keine Barriere wie eine Hecke zwischen Beet und Straße gab.

Sie raten vom selbst angebautem Gemüse in der Stadt ab?

Das nicht. Erstens gibt es Unterschiede. Fruchtgemüse wie Tomaten, Bohnen, Gurken oder Kürbis reichern weniger Schadstoffe an als Wurzel- und Blattgemüse. Zweitens spricht gegen alles nichts, wenn Sie ein paar Vorsichtsmaßnahmen beachten.

Wann ist das Gemüse also in Ordnung?

Jeder Meter zählt. Pflanzen Sie möglichst entfernt von verkehrsreichen Straßen, also Schnittblumen außen, dann Obst- und Beerensträucher und innen am besten auf dem Hochbeet oder in einem Con­tainer Salat. Denn nicht nur viel befahrene Straßen, auch belastete Böden können für das Gift im Gemüse verantwortlich sein. Meiden Sie billige Disounter-Erde. Besser ist die aus dem Ökoladen. Auch Mulchschichten oder Pflanzenfolie helfen.

Schaden die Mundräuber der Natur, wenn das Obst nicht verfault und den Boden düngt?

Sie müssen sehen, dass das im Laden gekaufte Obst ja meist gedüngt und mit dem Laster viele Kilometer hin und her gekarrt wird.

Um wie viel Kilo Obst geht es überhaupt?

Etwa ein Sechstel des Obstverbrauchs – das sind in Deutschland im Schnitt 67,3 Kilo pro Kopf und Jahr – ließe sich durch Mundraub auf Streuobstwiesen, auf Brachen in Parks, an Wegesrändern sicher ernten.

Mache ich mich mit dem Mund­raub strafbar?

Für Mundräuber gibt es drei Regeln: Nur Obst von Bäumen pflücken, die auf öffentlichem Grund stehen. Vorsichtig sein und dafür sorgen, dass weder der Baum noch man selbst zu Schaden kommt, wenn man in den Ästen klettert. Und: Sich für Pflege und Pflanzung von Obstbäumen engagieren. Dann ist ­alles gut.

Interview: Hanna Gersmann