Das Problem heißt Armut in Europa

Kommentar

von Susanne Memarnia

Ausbeutung von Roma durch Vermieter

In einem sind sich wohl alle einig: Zustände wie im „Horrorhaus“, wie manche Medien die Grunewaldstraße 87 in Schöneberg tauften, sollte es nicht geben. Es ist menschenunwürdig, dass Menschen zusammengepfercht in heruntergekommenen Wohnungen leben und dafür auch noch horrende Preise zahlen müssen. Aber löst man das Problem, indem man solchen Vermietern mit Bußgeldern, Finanzamt und dergleichen gesetzlichen Keulen das Geschäft vermiest, wie es die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin fordert? Wohl kaum. Allenfalls würden dann noch mehr Menschen in Parks und Grünanlagen kampieren.

Das Problem ist vielschichtig. Zum einen ist bekanntermaßen der Berliner Wohnungsmarkt in den unteren Preisklassen leer gefegt. Zum anderen: Selbst wenn es mehr günstige Wohnungen gäbe, wer vermietet schon an Roma aus Rumänien und Bulgarien? Vor allem diese diskriminierte Gruppe ist es, die in diesen „Problemimmobilien“ leben muss.

Das Armutsgefälle

Das sieht in Rumänien und Bulgarien nicht anders aus. Diskriminierung von Roma ist dort allgegenwärtig und die Armut so groß, dass es für manche immer noch besser ist, in Berlin in einer „Schrottimmobilie“ zu leben.

Solange es dieses Armutsgefälle in Europa gibt, werden Menschen nach Berlin kommen. Und jeder, der wie die Neuköllner Bürgermeisterin mittels Bau- oder Ordnungsrecht „unsere“ Straßen und Grünflächen von hässlichen Armutserscheinungen befreien will, sollte zunächst eine Frage beantworten: Ist ein „Horrorhaus“ für uns WohlstandsbürgerInnen vielleicht nur dann schlimm, wenn es in Berlin steht – statt in Bukarest?